„Für mich fängt ein neues Leben an“ – Leben mit Taubblindenassistenz

Eine wehr aufschlussreiche Information für Taubblinde und Hör-Sehbehinderte von der Arbeitsgemeinschaft der TBA-Qualifizierungsinstitute (AGTI)

Sehr geehrte Damen und Herren,
wir möchten Sie gerne auf folgenden Kurzfilm des TBA-Projektes Recklinghausen in Zusammenarbeit mit AGTI (Arbeitsgemeinschaft der TBA-Qualifizierungsinstitute) aufmerksam machen:
„Für mich fängt ein neues Leben an“ – Leben mit Taubblindenassistenz
http://www.taubblindenassistenz.de/index.php?menuid=53 (mit zusätzlichen Informationen)
oder https://vimeo.com/243159284 (als Vollbild anzusehen)

Im Zuge der Einführung des Merkzeichens TBL im Rahmen des neuen Bundesteilhabegesetzes entstand innerhalb der Arbeitsgemeinschaft der TBA-Qualifizierungsinstitute (AGTI) die Idee eines Filmprojektes mit dem Ziel, Personen, die in Sozialdiensten, Beratungsstellen, Behörden und Ämtern tätig sind und mit der Thematik „Taublindheit/Hörsehbehinderung“ in Berührung kommen, zu informieren und taubblinde/hörsehbehinderte Menschen bei der Vertretung ihrer Interessen zu unterstützen, indem wir auf ihre Bedarfe aufmerksam machen. Das TBA-Projekt Recklinghausen hat dieses Projekt schließlich umgesetzt und durch das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen finanziert.

Taubblindheit/Hörsehbehinderung ist eine doppelte Sinnesbehinderung – da beide Sinne in unterschiedlicher Ausprägung betroffen sind, der Eintrittszeitpunkt und Verlauf jeweils sehr individuell sein kann, weist jede betroffene Person eine ganz eigene Spezifik auf. Entsprechend verwenden taubblinde/hörsehbehinderte Menschen sehr unterschiedliche Kommunikationsformen und -mittel. Damit taubblinde/hörsehbehinderte Menschen selbstbestimmt leben können, müssen ihre Bedarfe anerkannt werden – entscheidend in diesem Zusammenhang ist qualifizierte Taubblindenassistenz!

Unterstützen Sie das Projekt und helfen Sie mit, auf die Bedarfe taubblinder/hörsehbehinderter Menschen aufmerksam zu machen!

Wir freuen uns, wenn Sie den Film-Link weiterleiten!

Vielen Dank bereits dafür!

Der Film hat Untertitel, im Anhang finden Sie den kompletten Text und zusätzliche Bildbeschreibungen.
Mit freundlichen Grüßen,
Arbeitsgemeinschaft der TBA-Qualifizierungsinstitute (AGTI)

(vom 03. Juli 2018)

Ein besonderer Service für Taubblinde im Aura-Hotel Saulgrub

Ab sofort gibt es für taubblinde Menschen welche im Aura-Hotel Saulgrub Urlaub machen wollen, ein sehr gutes Angebot!
Allen Personen welchen das Merkzeichen "TBL" zuerkannt wurde und dies durch eine amtliche Bestätigung z.B. den Schwerbehindertenausweis nachweisen können, bekommen über den Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbund e.V. (BBSB) einen Begleiterzuschuss!
Der Zuschuss beträgt 50,- ? für eine geeignete sehende Begleitperson pro Tag/Übernachtung bei einem Erholungsurlaub von mindestens 7 Tagen, jedoch höchstens für 14 Tage pro Jahr im AURA-HOTEL Saulgrub.
Dieses Angebot gilt unabhängig von einer Mitgliedschaft beim BBSB oder des Wohnsitzes in Bayern! Allerdings wird dieser Zuschuss nicht bei der Teilnahme an Seminaren oder Veranstaltungen gewährt, sondern soll ausschließlich der Erholung dienen!
Kontaktadresse vom Aura-Hotel:
AURA-Hotel
Kur- und Begegnungszentrum Saulgrub gGmbH Alte Römer-Straße 41-43
82442 Saulgrub
Tel.: 08845 99-0
Fax: 08845 99-121
E-Mail: info@aura-hotel.de
Internet: www.aura-hotel.de

Kann ein radar den Blindenfüührhund oder den Blindenlangstock ersetzen?

Wieder hat sich ein Forscher- und Expertenteam auf den Weg gemacht, uns bei der Orientierung bestmöglich zu unterstützen. Lesen sie dazu einen Artikel aus der Zeitschrift Schnecke Nr. 95.
Die Schnecke ist die Zeitschrift der Deutschen Cochlea Implantat Gesellschaft (DCIG). Mehr zur Schnecke lesen sie nach dem Artikel.

Bis heute orientieren sich Blinde und Sehbehinderte mit Hilfen wie Blindenhund und Blindenstock. Das Forschungsprojekt RaVis-3D will blinde Menschen mit einem Radarsystem ausstatten, das sie perTonsignal auf Hindernisse aufmerksam macht.

So soll es funktionieren: Mit spezieller Technik am Kopf oder Körper wird die Umgebung per Radar erfasst. Anschließend wird die Umge¬bung in Echtzeit in Audiosignale übersetzt, in eine sogenannte 3D- Audioumgebung, die dem Nutzer über ein Hörgerät dargestellt wird.
Die Technik soll es dem Nutzer möglich machen, Hindernisse zu erkennen, Entfernungen einzuschätzen und sich verhältnismä¬ßig natürlich in der Umgebung zu bewegen. Hindernisse und Bewegungen werden durch Audiosignale mit unterschiedlichen Merkmalen wie Tonhöhe oder Lautstärke dargestellt. Um die 3D- Audioumgebung nutzbar zu machen, ist ein sehr kleines, aber schnelles Rechensystem notwendig, das die Radardaten in Echt¬zeit verarbeitet und das Bewegungen des Nutzers und Drehungen des Kopfes mit einberechnet, um ein frei rotierendes 3D-Umfeld zu erzeugen und über das Hörgerät auszugeben.

Leiter des Projekts, das im Juli 2016 gestartet ist, ist die Kampmann Hörsysteme GmbH. Unterstützt wird das Unternehmen, das dafür neben seinem Standort in Essen derzeit ein weiteres Gebäude auf dem Bochumer Gesundheitscampus errichtet, unter anderem von drei Elektrotechnik-Lehrstühlen der Ruhr-Universität sowie vom Bochumer Institut für Technologie und der SNAP GmbH. Die SNAP ist insbesondere dafür zuständig, die entwickelte Technik möglichst einfach benutzbar zu machen. Hier geht es darum, sinnvolle Reize zu setzen, ohne den Nutzer zu überfordern. Beispielsweise ist offen, ob Audiosignale über ein Hörgerät für die Orientierung ausreichen, oder ob taktile Signale - also ein kurzes „Antippen" eines Gerätes auf der Haut - eine zu¬sätzliche Hilfestellung sein kann.

Die SNAP GmbH mit Sitz im BioMedizinZentrum Bochum ist ein Spezialist im Bereich der Benutzerfreundlichkeit bei Assistenzsystemen für Behin¬derte und wurde 2010 mit Unterstützung der Stadt Bochum ins Leben gerufen.
Zusätzlich wird das Projekt durch die assoziierten Partner Dräger &. Lienert Informationsmanagement GbR aus Marburg, das Berufsförderungswerk Halle (Saale) und die CN Hearing GmbH begleitet, die jeweils ihre Expertise in das Projekt einbringen. Das Projekt wird durch die Europäische Union und das Land Nordrhein-Westfalen gefördert.

Marc Otten, Bochumer Institut für Technologie


Die Schnecke ist eine seit 1989 erscheinende unabhängige Fachzeitschrift, die von der Deutschen Cochlea Implantat Gesellschaft (DCIG) herausgegeben wird.

Die Zeitschrift Schnecke agiert als gemeinnützige GmbH. Thematischer Schwerpunkt ist das Leben mit Cochlea-Implantaten (CI) und Hörgeräten. Darüber hinaus informiert die Schnecke ihre Leser über die Themen Schwerhörigkeit, Taubheit, Tinnitus, CI-Prozessoren, Hörgeräte und Hör-Hilfsmittel.
Fachbeiträge und Erfahrungsberichte von Betroffenen vermitteln dem Leser einen besonders tiefen Einblick in die Problematik von Hörschädigungen und ihre Bewältigung. Zugleich bietet die Zeitschrift den Lesern ein Forum und vielfältige Kontaktmöglichkeiten.

Die Leser der Schnecke sind hörgeschädigte Menschen und ihre Angehörigen sowie Fachleute aus den Bereichen HNO, Hörgeräteakustik, Pädagogik und Logopädie. Zum Leserkreis gehören auch Mitglieder verschiedener Selbsthilfeorganisationen auf nationaler wie regionaler Ebene.
Die Fachpublikation vermittelt Menschen mit Hörbehinderung und ihren Familien sowie Fachleuten zuverlässige Informationen, veröffentlicht eine Vielzahl von Veranstaltungsterminen rund ums Hören und präsentiert in jeder Ausgabe Kontaktdaten der Selbsthilfegruppen aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, den Niederlanden, Italien sowie Luxemburg.

Die Schnecke erscheint viermal jährlich mit einer aktuellen Auflage von 5.500 Exemplaren. Die Redaktion hat ihren Sitz in Senden bei Ulm; Chefredakteur ist Uwe Knüpfer.

Herausgeber: Deutsche Cochlea Implantat Gesellschaft e.V.
Geschäftsführer: Dr. Roland Zeh
Hauptstraße 43
D-89250 Senden
Telefon: 0 73 07 - 9 25 71 76
Fax: 0 73 07 - 9 25 74 75
Mailto:uwe.knuepfer@redaktion-schnecke.de
Internet:www.schnecke-online.de

Ich möchte mal weg

Taubblindheit hält mich nicht auf

Sven Fiedler Rottweil, im Januar 2016

Haben Sie das Buch "Ich bin dann mal weg" von Hape Kerkeling gelesen, oder den aktuellen Kinofilm besucht? Tausende von Menschen haben sich davon inspirieren lassen und haben sich selbst auf den Weg gemacht. Auch ich habe den Wunsch nach Santiago di Compostela zu pilgern, aber als Taubblinder muss ich immer wieder hören: "Das geht nicht!". Mit Hilfe von Spendern und Sponsoren will ich zeigen, dass es doch geht und mich 2017 endlich auf den Weg machen!

Mein Vorhaben ist nicht nur ein persönlicher Traum, sondern ich möchte auf die Lebenssituation taubblinder Menschen aufmerksam machen. Taubblindheit bedeutet nichts sehen und nichts hören, oder eingeschränkt sehen und hören, oder eine Mischung aus beiden Formen. Derzeit gehen Fachkreise wie der GFTB (Gemein- samer Fachausschuss Taubblindheit/Hörsehbehinderung) von ca. 6000–8000 Men- schen deutschlandweit aus. Diese leben oft isoliert und ohne geeignete Assistenz und sind somit von der Teilhabe an der Gesellschaft ausgeschlossen.

Als taubblinder Mensch (TBL) bin ich in allen Lebenslagen auf Unterstützung angewiesen. Diese Unterstützung erhalte ich von speziell geschulten Taubblindenassistenten (TBA), so auch auf dem Jakobsweg. Für die Assistenz ist es kein Urlaub und auch keine Pilgerreise im eigentlichen Sinn. Entsprechend werden sie honoriert.

Ich bin 1967 in Rottweil geboren und leide seit meiner Geburt am Usher-Syndrom, einer angeborenen Schwerhörigkeit in Kombination mit einer Netzhautdegeneration, die unaufhaltsam fortschritt - bis zu meiner völligen Erblindung im Jahr 2010.

Ich gab mich und mein Leben jedoch nicht auf. Im Gegenteil, trotz Blindheit und Schwerhörigkeit wurde ich noch aktiver als jemals zuvor. Nun mache ich auch nicht vor dem Jakobsweg halt, den ich im Frühjahr 2017 gehen möchte.

Meine Welt erschließt sich auf einer Distanz von einer Armlänge. Was ich nicht ertasten kann, ist erstmal nicht da. Alles basiert auf den Informationen, die ich über das Ertasten bekomme, oder die mir andere Menschen in meiner Kommunikationsform vermitteln.

Für mich ist es das erste Mal, dass ich ein spendenfinanziertes Projekt plane. Sollte sich eine dauerhafte Finanzierungsmöglichkeit finden, habe ich die Vision, auch anderen Taubblinden den Jakobsweg in Deutschland zu ermöglichen.

Mehr über mich und meine Ziele können sie auch unter www.tbl-jakobsweg.de lesen.

Rauchmelder werden zur Pflicht -
Wie sollen gehörlose damit zurechtkommen?

Ab Januar 2016 wird die anbringung von Rauchmeldern zur Pflicht. So stellt sich für die Gehörlosen, Hör-Sehbehinderten und Taubblinden die frage: !Und was wird mit uns?"
Auf der seite von www.gehoerlosenbund.de/ erhält man folgende hilfreiche Information:

"Wo bekomme ich einen nicht-akustischen Funkrauchmelder?
Gehörlose können die akustischen Signale von handelsüblichen Rauchmeldern nicht hören. Damit sie im Fall eines Feuers rechtzeitig alarmiert werden, ist es
sinnvoll, Funkrauchmelder einzusetzen, die Licht- oder Vibrationssignale senden. Diese sind u.a. bei den Firmen, die auch andere Licht- und Vibrationsanlagen
anbieten, erhältlich. Zum Teil sind die Funkrauchmelder in bereits bestehende Licht- und Vibrationsanlagen integrierbar.
Werden die Kosten für Funkrauchmelder übernommen?
Kosten für Funkrauchmelder werden nicht von der Krankenkasse bezahlt. Die Firma Humantechnik GmbH hat einen Antrag bei den Spitzenverbänden der gesetzlichen Krankenkassen gestellt, um zu erreichen, dass der Funkrauchmelder in den Hilfsmittelkatalog aufgenommen wird. Auch der Deutsche Gehörlosen-Bund hat in einer Stellungnahme gefordert, dass die Kosten für Funkrauchmelder von den Krankenkassen nach SGB V, § 128 übernommen werden. Bisher gibt es dazu aber noch keine Zusage.
Hier finden Sie eine Übersicht über Firmen, die technische Hilfsmittel für Gehörlose anbieten:
Auf dieser Seite finden Sie Informationen über technische Hilfsmittel für Hörgeschädigte. Schreib- und Bildtelefone, Lichtsignalanlagen oder Licht- und
Vibrationsgeräte sind ganz nützlich für hörgeschädigte Menschen. Die Kosten für solche Hilfsmittel können beispielsweise von den gesetzlichen Krankenkassen
oder anderen Reha-Trägern übernommen werden.
Hier eine Übersicht über die Anbieter:

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HGT
Hörgeschädigten Technik B&K GmbH
Siemensstraße 13
48341 Altenberge
Tel: 02505 / 603
Fax: 02505 / 3659
E-Mail:
info@hgt.de
www.hgt.de

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Humantechnik
HUMANTECHNIK GmbH
Hauptwerk
Im Wörth 25
79576 Weil am Rhein
Tel: 07621 / 95689-0
Fax: 07621 / 95689-70
E-Mail:
info@humantechnik.com
www.humantechnik.com

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Mobily ProCom
Mobily ProCom GmbH
Kommunikationstechnik für Hörgeschädigte
Balanstrasse 16
81669 München
Tel: 089 / 95789742
ST: 089 / 95789743
BT: 089 / 95760267
Fax: 089 / 9575241
SMS: 0173 / 33589153
E-Mail:
info@mobilypro.com
www.mobilypro.com

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Reha Com Tech
Reha-Com-Tech
Reha-Technik & Kommunikationstechnik für Hörgeschädigte
Ralf Oedekoven
Thebäerstr. 51
54292 Trier
Tel: 0651 / 9945680
Fax: 0651 / 9945681
E-Mail:
info@reha-com-tech.de
www.reha-com-tech.de

Lormen - Fluch oder Segen?

Von der Selbstausgrenzung der Taubblinden aus der Gehörlosengemeinschaft

Es fällt auf, dass es innerhalb der Taubblindengemeinschaft zu einer immer größeren Spaltung kommt. Ältere Taubblinde und Usher Betroffene verwenden nach wie vor das Lormen zur Kommunikation. Jüngere Betroffene orientieren sich dagegen mit der Gebärdensprache eher an der Gehörlosengemeinschaft. In etablierten Vereinen für taubblinde Menschen sind junge Leute kaum vertreten. Warum? Trennt das Lormen die Taubblinden vielleicht von der Gehörlosengemeinschaft?

Hieronymus Lorm (alias Heinrich Landesmann) war der Erfinder des Tastalphabets, genannt "Lorm-Alphabet". Er ertaubte mit 15 Jahren aufgrund einer langen Krankheit. Wegen des Verlusts seines Augenlichts entwickelte er im Alter von 60 Jahren das Tastalphabet für Taubblinde, um sich mit seinen Mitmenschen verständigen zu können. Unter uns Taubblindengibt es zwei Gruppen, die unterschiedliche Kommunikationsformen benutzen. Das sind auf der einen Seite gebärdensprachlich orientierte Taubblinde und auf der anderen Seite lautsprachlich orientierte Taubblinde. Unter den gebärdensprachlich orientierten Taubblinden gibt es zwei verschiedene Formen von Usher-Typen: Menschen mit Usher-Typ 1 , die gehörlos geboren sind, und Menschen mit Usher-Typ 2, sie schwerhörig geboren sind. Nachfolgend möchte ich mich mit den gebärdensprachlich orientierten Taubblinden beschäftigen. Sie benutzen unterschiedliche Kommunikationsformen (taktiles Gebärden, Gebärdenim kleinen Gebärdenraum, daktylieren usw.), die alle auf der Gebärdensprache basieren. Diese individuell verschiedenen Formen sind gemeint, wenn nachfolgend von "Gebärdensprache" die Rede ist.

Manche behaupten, Lormen sei "die Sprache der Taubblinden". Das ist so aber nicht richtig. Lormen ist keine natürliche Sprache, sondern ein Kommunikationshilfsmittel; ähnlich wie das Fingeralphabet, das wir Gehörlose benutzen.

Die Muttersprache der gebärdensprachorientierten Taubblinden ist die Gebärdensprache. Diese haben sie zu einer Zeit erlernt, als sie noch gut sehen konnten, also in der Kindheit und Jugend. Ihre Sprachkenntnisse haben sie durch Kontakte mit anderen Gehörlosen vertieft, so zum Beispiel in Vereinen, in Internaten und auf Feiern. Mit zunehmender Erblindung blieb die Gebärdensprache den Taubblinden als Sprache erhalten, sie benutzten sie auch weiterhin.

Im deutschen Sprachraum ist das Lormen immer noch weit verbreitet. Nur wenige Personen beherrschen das taktile Fingeralphabet. Dabei fühlt man die Zeichen des "normalen" Fingeralphabets ab, man bezeichnet das als "daktylieren". Das liegt sicher auch daran, dass in deutschen Gehörlosenschulen jahrzehntelang der "Oralismus" gefördert wurde. Gehörlose sollten um jeden Preis sprechen lernen. Dies führte dazu, dass viele erwachsene Gehörlose zur Zeit ihrer Erblindung das erst seit den Achtzigerjahren gebräuchliche Fingeralphabet nicht beherrschten. Deshalb wird das Daktylieren in deutschsprachigen Ländern gegenüber dem Lormen kaum verwendet. Gehörlose, die ihre Jugend vor 1980 verbracht haben, kennen kein Fingeralphabet und hatten auch später wenig Zugang dazu. Dies führte dazu, dass die meisten heute lebenden Taubblinden das Lormen mehr gewohnt sind als das Daktylieren.

Beim 20-jährigen Jubliläum des Landesverbandes der Taubblinden (ehemals "Selbsthilfegruppe der Taubblinden Recklinghausen") waren erfreulicherweise viele Taubblinde, Usher-Betroffene und ihre Assistenten dabei. Doch es fiel auf, dass immer die gleichen Gesichter zu sehen waren. Wo bleibt der Nachwuchs? Wo sind die jungen Taubblinden, die jungen Usher-Betroffenen?

In der Gehörlosengemeinschaft, der schwulen Gehörlosenszene und unter Gehörlosen mit Migrationshintergrund trifft man sie. Dort unterhalten sie sich mittels Gebärdensprache. Unter jungen Leuten ist Lormen verpönt. Junge Gehörlose sind stolz auf ihre Muttersprache und kommunizieren auch nach ihrer Erblindung mittels DGS. Lormen basiert nämlich auf der deutschen Sprache. Junge Betroffene wollen jedoch nicht in einer Fremdsprache kommunizieren, sondern mittels Gebärdensprache.

Doch die wird von vielen Taubblinden und Usher-Betroffenen höheren Alters selten verwendet. Während etliche junge Usher-Betroffene an der Berliner Demo zur "Aktion Gebärdensprache" teilnahmen, traten eben diese Betroffenen bei Aktionen der taubblinden Menschen kaum in Erscheinung. Warum? Fühlen sich Usher-Betroffene aufgrund der Gebärdensprache unter Gehörlosen wohler? Und stößt sie das unter Taubblinden verbreitete Lormen vielleicht zu sehr ab?

Bereits 1998 schrieb der taubblinde Diakon Peter Hepp in der Zeitschrift "DAS ZEICHEN" (DZ 45/98), wie schwierig es ist, sich ausschließlich auf das Lormen zu verlassen. In der Kommunikation zwischen Hörenden und Betroffenen ist es so, dass Hörende Deutsch beherrschen und ihnen das Lormen leicht fällt. Das setzt jedoch ebenso gute Deutschkenntnisse bei den Betroffenen voraus. In der Kommunikation zwischen Gehörlosen und Betroffenen fällt auf, dass die wenigsten Gehörlosen lormen können. Lormen stellt laut Hepp also in den allermeisten Fällen für die Kommunikation zwischen Betroffenen und ihren gehörlosen Mitmenschen keine Idealform dar.

Nicht selten werden Taubblinde und Usher- Betroffene in Beratungsstellen, von Ärzten etc. dazu aufgefordert, zu lormen. Sich nur auf das Lormen zu verlassen, trennt Taubblinde jedoch von der Gehörlosengemeinschaft. Gehörlose lormen nicht. Ehe sie sich auf eine gelormte Kommunikation einlassen, unterhalten sie sich lieber gar nicht mit taubblinden Menschen. Auch taktiles Gebärden erscheint ihnen häufig zu schwierig - jedoch nur so lange, bis sie es ausprobiert haben. Dann stellen sie fest, dass eine taktile Unterhaltung einfach zu bewerkstelligen ist und sie beziehen taubblinde Menschen mit in die Gemeinschaft ein.

Kennt ihr den Film "Ziemlich beste Freunde"? In ihm wird gezeigt, wie behinderte Menschen am besten an der Gesellschaft teilhaben können: ohne Mitleid. Der "Ziemlich beste Freunde" - Effekt sollte auch taubblinden Menschen zugute kommen. Taubblinden und Usher- Betroffenen ist mit Mitleid nicht geholfen. Sie brauchen eine angemessene Kommunikation in ihrer Muttersprache, der Gebärdensprache.
Junge Betroffene orientieren sich an der Gehörlosengemeinschaft. Aufgrund mangelnden Umgangs mit anderen Betroffenen, die sich in Taubblinden- und Usher-Vereinen engagieren, fehlt vielen jedoch das Wissen, wie sie mit ihrer Erblindung umgehen sollen. Das Thema Taubblindheit spielt bei ihnen keine große Rolle, obwohl sie eines Tages davon betroffen sein werden. Diese Unsicherheit könnte sich als problematisch erweisen.

An dieser Stelle soll eine interessante Beobachtung geschildert werden: Vor 20 Jahren verwendeten die meisten Gehörlosen in ihrer Alltagskommunikation DGS, also Deutsche Gebärdensprache. Fragte man jedoch ältere Gehörlose, welche die Sprache ihrer Wahl sei, antworteten sie: LBG. Ihnen fehlte das Bewusstsein, bereits über eine vollständige Sprache zu verfügen. Heute ist es nicht viel anders: Viele der älteren Taubblinden verwenden ganz selbstverständlich Gebärdensprache. Öffentlich fordern sie jedoch, dass alle Taubblinden - besonders die jungen Betroffenen - lormen sollen. Fehlt auch ihnen das Bewusstsein für ihre eigene Muttersprache?

Eine Erblindung darf nicht zur Reduzierung der Gebärdensprachkompetenz führen. Betroffene sollten ihre Sprache auch trotz der Erblindung weiter benutzen. So bleiben sie in Kontakt mit ihrer Umwelt, können Alltagswissen aufnehmen und bleiben allgemein psychisch stabil. Eine Abwendung von der Gebärdensprache und die alleinige Konzentration auf das Lormen kann zu einem seelischen Zusammenbruch der taubblinden Person führen. Wenn die Gebärdensprache zur Kommunikation fehlt, dann fehlt auch die Gemeinschaft mit anderen Menschen, besonders die Gemeinschaft der Gehörlosen. Deren Normen, Werte und Umgangsregeln kennen die Taubblinden seit ihrer Kindheit. Wenn sie sich dann nur noch auf das Lormen verlassen, führt das möglicherweise zu einer Vereinsamung des Taubblinden. An dieser Stelle soll auch darauf hingewiesen werden, wie immens wichtig es für taubblinde Menschen und Usher-Betroffene ist, auf Taubblindenassistenz zurückzugreifen zu können. Nur durch die Assistenten können sie an der Gemeinschaft teilhaben.

Lormen hat sicher seine Berechtigung. Wer lormen möchte, der darf und soll das gerne weiterhin tun. Doch es sollte nicht vergessen werden, dass Lormen ein Hilfsmittel ist, das gute Deutschkenntnisse voraussetzt. Die Muttersprache der Gehörlosen ist jedoch die Gebärdensprache. Sie soll auch dann Sprache der Wahl bleiben, wenn ein gehörloser Mensch erblindet.

Bild 1: Taktiles Gebärden
Bild 2: Lormen mit Text zum Bild: "Das Lormen kann ein Segen sein, aber auch ein Hindernis."

Quelle: Bericht Von Uwe Zelle, Dt. Gehörlosenzeitung Februar 2015

Die Sprache des Herzens

Ab 1.Januar 2015 läuft in den deutschen Kinos der Film „Die Sprache des Herzens“. Die Usher I betroffene Barbara Engwald beschreibt ihr Erlebnis dazu:
„„Die Sprache des Herzens, das Leben der taubblinden Marie Heurtin“
Mein Kinobesuch in Hannover

Ich war schon lange nicht mehr im Kino, weil ich die Filme nicht mehr gut sehen kann. Ich hielt es für besser, auf Kinobesuche zu verzichten. Als ich vom Kinofilm "Die Sprache des Herzens ") erfahren habe, hat dieser Film mein Interesse geweckt. Ich wollte diesen Film unbedingt sehen, um mehr zu erfahren über das Leben der taubblinden Marie Heurtin. Das Buch "Die Sprache des Herzens" ist leider noch nicht erschienen, deshalb habe ich mit einer Assistenz das Kino besucht.

Die Assistenz hat mir mit taktilen Gebärden (ich habe die Gebärden mit einer Hand abtasten können) übersetzt, was im Film geschah und gesagt wurde. Zum Glück ist der Film tatsächlich "langsam". Es konnte deshalb alles gut gedolmetscht werden. Am Ende des Filmes kamen mir die Tränen. Es ist rührend, wie die Nonne Margerite die taubblinde Marie erzogen und unterrichtet hat. Nach diesem Erfolg wurden im Kloster Larnay in Frankreich weitere taubblinde Kinder aufgenommen. Den Film finde ich sehr interessant, sehr rührend und der Film macht Mut! Der Film ist sehr empfehlenswert für alle, schaut "Die Sprache des Herzens" an!

Wer keine Möglichkeit oder kein Interesse zum Besuch des Kinofilms hat, aber allgemein über das Leben dieser Marie Heurtin erfahren möchte, kann hier einen Auszug aus einer vom BVN übermittelten pdf-Datei nachlesen. „Laut Arzt war sie ein Fall für die Anstalt: Marie Heurtin, 1885 taub und blind zur Welt gekommen, wird auf Wunsch ihres Vaters im Institut der "Schwestern der Weisheit" in Larnay aufgenommen, wo sie sich unter der Obhut von Schwester Marguerite buchstäblich dem Leben öffnet.
KURZINHALT
Blind und taub geboren, ist die 14-jährige Marie Heurtin unfähig zu jeder Art von Kommunikation. Entgegen dem Rat eines Arztes, der sie für "dumm" hält, kann sich ihr Vater, ein einfacher Handwerker, nicht dazu durchringen, sie in eine Anstalt einzuliefern. Aus Verzweiflung wendet er sich an das Institut Larnay in der Nähe von Poitiers, wo sich Nonnen um taube junge Frauen kümmern.
Trotz der Skepsis der Mutter Oberin nimmt die junge Schwester Marguerite das "wilde kleine Tier" unter ihre Fittiche. Sie tut alles, was in ihrer Macht steht, um Marie der Dunkelheit zu entreißen. Und auch wenn zahlreiche Rückschläge und Enttäuschungen den Weg begleiten und sie manchmal in Versuchung ist, aufzugeben, hat sie schließlich doch Erfolg. Ihre feste Überzeugung, dem Kind helfen zu können, und die Liebe zur kleinen Marie leiten sie.
PRESSENOTIZ

Maries bewegende Geschichte basiert auf realen Ereignissen im Frankreich des späten 19. Jahrhunderts.
Der neueste Film des renommierten Regisseurs JEAN-PIERRE AMÉRIS ("Die Anonymen Romantiker") lief außerordentlich erfolgreich beim Filmfestival in Locarno 2014 auf der Piazza Grande und rührte das Publikum zu Tränen. Von "Variety", dem international führenden Magazin der Filmbranche wurde DIE SPRACHE DES HERZENS mit dem Publikumspreis, dem "Variety Piazza Grande Award" ausgezeichnet.
Der Film erzählt die zu Herzen gehende, berührende Geschichte von Marie, einem Mädchen, das taubblind zur Welt kam und von einer jungen Nonne aus ihrem inneren Gefängnis von Einsamkeit und Verzweiflung befreit wird. Schwester Marguerite bringt ihr bei, dass es auch für sie möglich ist, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, zu lieben und geliebt zu werden. Die Begegnung verändert auch Marguerites Leben. Durch Marie erfährt sie etwas, was für sie als Nonne nicht vorgesehen ist: mütterliche Liebe. Marie wird ihr eine Tochter des Herzens ...
DIE SPRACHE DES HERZENS ist großes, emotionales Kino mit einzigartigen Bildern und Darstellern, die lange im Gedächtnis bleiben - ein Film, der Spuren hinterlässt. Ariana Rivoire, selbst taub, spielt die Rolle der Marie mit unglaublicher Intensität. Isabelle Carré gibt der jungen Nonne Marguerite, die trotz aller Rückschläge immer daran glaubt, Marie helfen zu können, ein einzigartiges Gesicht. Diese zutiefst humane, Mut machende wahre Lebensgeschichte ist der beste Start ins neue Filmjahr!
INHALT
Ein junges Mädchen mit ihrem Vater auf einem Pferdefuhrwerk. Sie ist festgebunden, scheint die Fahrt zu genießen. Ihr Ziel ist das Institut Larnay in der Nähe von Poitiers. Dort angekommen hebt der Mann das Kind vom Wagen, trägt es zu den Nonnen und bittet um Aufnahme für seine Tochter Marie (Ariana Rivoire).
Kaum steht Marie auf ihren Beinen, reißt sie aus, klettert auf einen Baum. Schwester Marguerite (Isabelle Carré) bekommt von der Oberin den Auftrag, das taubstumme und blinde Mädchen herunterzuholen. Es kommt zur ersten Berührung ihrer Hände, Marie ertastet Marguerites Gesicht.
Die Mutter Oberin (Brigitte Catillon) verweigert die Aufnahme des Mädchens mit der Begründung, man sei in Larnay auf taube Kinder spezialisiert, nicht auf taubblinde, und könne sich nicht hinreichend um Marie kümmern. Der enttäuschte Vater zieht mit ihr von dannen. Keiner will Marie haben - es bleibt wohl nur die Unterbringung in einem Irrenhaus.
Schwester Marguerite hat die Begegnung mit Marie berührt. Am 10. Mai schreibt sie in ihr Tagebuch: "Heute bin ich einer Seele begegnet (...) Einer Seele, die durch die Gitter ihres Gefängnisses wie tausend Lichter strahlte (...) aber sie hat mich erwartet." Wie kann sie mit dem Mädchen, das in einer Welt der Dunkelheit und der Stille eingeschlossen ist, kommunizieren? Diese Frage lässt die junge Nonne nicht mehr los. Mit verbundenen Augen und Stöpseln in den Ohren macht sie Selbstexperimente, wie es ist, sich in totaler Dunkelheit und Abgeschiedenheit zu orientieren.
In langen Verhandlungen ringt sie der Mutter Oberin, die anfangs strikt dagegen ist, schließlich die Erlaubnis ab, sich um Marie kümmern zu dürfen. Maries Schicksal wird ihre Mission. Doch Marguerites Gesundheit ist fragil, ihre Lungen sind schwach, jede Anstrengung könnte fatal sein.
Am 27. Mai macht sie sich zu Fuß auf den Weg, um Marie bei ihren Eltern abzuholen. Es wird ein Kampf - Marie wehrt sich mit Händen und Füßen. Die Mutter gibt der Nonne Maries Lieblingsgegenstand mit auf den Weg: ein Taschenmesser. Der Abschied vom Vater, an dem Marie sehr hängt, wird schwer. Nur mit Hilfe eines Lederriemens, mit dem sie an Marguerite festgebunden wird, ist Marie zum Mitkommen zu bewegen. Die beiden übernachten in einem Kuhstall, Marie genießt das Berühren des Tieres, seines Fells. Da sich Marie weigert Schuhe zu tragen, wird sie das letzte Stück des langen Weges von Marguerite in eine Schubkarre verfrachtet und zum Ziel geschoben.
Die ersten Wochen in Larnay sind schwierig, eine Geduldsprobe für Marguerite und ein Kampf für alle Beteiligten. Anziehen, waschen, kämmen, essen - alles lehnt Marie wütend ab. Die anderen Kinder akzeptieren das neue, wilde Mädchen nicht im Gemeinschaftsschlafsaal. Marie bringt das geordnete Klosterleben gehörig durcheinander.
26. Juli. Jeder hat sein Kreuz zu tragen. Das Leben mit Marie wird zur Prüfung für Marguerite. Welchen Weg soll sie mit dem Kind einschlagen?
20. September. Nach vier Monaten hat Marie noch keine Fortschritte gemacht. Sie benimmt sich nach wie vor wie ein wildes Tier, zeigt keinerlei Interesse, etwas zu lernen. Positive Resonanz weckt nur ihr Taschenmesser.
27. Oktober: Keinerlei Fortschritte. Im Gegenteil. "Maries Zustand hat sich sogar verschlechtert, seit sie hier ist", notiert Schwester Marguerite in ihrem Tagebuch. Von Anfang an versucht sie, Gegenstände für Marie mit Zeichen zu verbinden. Doch das Kind scheint nichts zu verstehen. Marguerite zweifelt an ihrem Vorhaben, will aufgeben. Doch ihre taubstumme Mitschwester Raphaelle (Noémie Churlet), die ihr die Zeichensprache beibrachte, ermuntert sie, weiterzumachen.
15. November. Zum ersten Mal lässt sich Marie kämmen, baden und einkleiden. Stolz befühlt sie ihre neuen, sauberen Kleider. Sie lässt sich sogar Schuhe anziehen. Ein erster Erfolg ...
Marie fasst immer mehr Vertrauen zu ihrer Erzieherin. Sie lernt, mit Messer und Gabel zu essen. Mit Hilfe ihres geliebten Taschenmessers gelingt schließlich der Durchbruch: Nach vielen Versuchen und Rückschlägen versteht Marie das Zeichen für Messer, das Marguerite immer wieder mit Maries übereinander gelegten Fingern symbolisiert: Schneiden. Jetzt ist Maries Wissensdurst geweckt: Sie will die Zeichen der Gegenstände kennenlernen, die sie umgeben. Brot, Gabel, Karotte, Apfel und vieles mehr lernt sie mit ihren Fingern zu symbolisieren.
15. Juni. "Eine Explosion der Sprache", notiert die Lehrerin über ihre wissbegierige Schülerin. Marie will alles erkunden, verstehen. Ein Damm ist gebrochen. Das erste Wort war schwer, jetzt lernt sie Adjektive, Grammatik, abstrakte Bedeutungen: jung und alt, arm und reich ...
Maries Eltern kommen zu Besuch. Und finden eine veränderte Tochter, die stolz ihr Wissen präsentiert. Die glücklichen Eltern lernen von der Tochter, mit einfachen Zeichen zu kommunizieren.
Marguerites Gesundheitszustand verschlechtert sich, ein Rückfall zwingt sie, das Bett zu hüten. Zur Genesung schickt die Mutter Oberin sie in die Berge. Marie soll nichts davon erfahren. Heimlich verlässt Schwester Marguerite Larnay. Marie sucht sie, ist verzweifelt, fällt in ihre alte Wildheit zurück. Schwester Raphaelle berichtet Marguerite davon in einem Brief. Die entschließt sich, entgegen dem Rat des Arztes, zur Rückkehr. Die Reise wird zwar ihren Gesundheitszustand verschlechtern, aber Marguerite will ihre Aufgabe beenden, so lange sie noch dazu in der Lage ist.
Sie ist glücklich, Marie wieder zu sehen - die Tochter ihrer Seele, das Licht ihres Lebens. Marie macht ungeheure Fortschritte.
Als die ältere Schwester Elisabeth stirbt, lernt Marie zu verstehen, was Sterben heißt. Marguerite bereitet sie darauf vor, dass sie ebenfalls bald sterben wird. Die Nonne erklärt ihr das Gottesprinzip - ein wichtiger Schritt, denn sie lebt schließlich in einem Kloster, und der Erfolg ihrer Arbeit wird auch an Maries Frömmigkeit gemessen.
Als Marguerites Gesundheitszustand sich weiter verschlechtert, kümmert sich Marie liebevoll um sie. Als Marguerite jedoch immer schwächer wird, verbietet sie den Mitschwestern, Marie zu ihr zu lassen. Das Ende will sie ihrem Schützling ersparen. Doch Marie akzeptiert das nicht. Sie will Marguerite noch einmal sehen, ehe sie stirbt und rebelliert so lange, bis sie eingelassen wird. Die beiden verabschieden sich voneinander. "Lebe", gibt Marguerite ihr mit auf den Weg.
Marie bringt Blumen an Marguerites Grab. Sie spricht mit ihr, im Himmel, erzählt ihr von den Fortschritten, die sie macht und davon, dass sie sich jetzt um ein kleines Mädchen kümmert, taubblind wie sie, ein Neuzugang in Larnay.
Marie Heurtin blieb ihr Leben lang in Larnay, wo sie am 22. Juli 1921 im Alter von 36 Jahren starb.
DIRECTOR'S NOTE
Das Projekt begann mit meiner Faszination für das Schicksal von Helen Keller. Bei meinen Recherchen stieß ich auf die weniger bekannte Geschichte von Marie Heurtin und entschloss mich spontan, das Larnay Institut bei Poitiers zu besuchen, wo sie im 19. Jahrhundert lebte.
Das Institut wird heute nicht mehr von der Kirche betrieben, ist aber nach wie vor ein Zentrum für taube und blinde Kinder. Im Licht der wissenschaftlichen Erkenntnisse der letzten Hundert Jahre war ich überrascht, dass die Institution noch besteht.
Es fällt mir schwer, zu beschreiben, wie ich mich fühlte, als ich diese Kinder sah, die nur mit ihrem Tastsinn kommunizieren können und die gleich meine Hände und mein Gesicht ertasten wollten. Ich fühlte mich hilflos in der Kommunikation mit ihnen.
Ich traf auch die Eltern dieser Kinder, die mir von den Schwierigkeiten erzählten, die sie zu bewältigen haben. Genau wie Marie Heurtins Vater vor mehr als einem Jahrhundert bekamen einige von ihnen von Ärzten die Auskunft, ihr Kind sei geistig minderbemittelt und werde nie in der Lage sein, sich verständlich zu machen. Die Verzweiflung der Eltern endete, als sie die Lehrer des Larnay Institut kennen lernten, die ihren Kindern beibringen, wie sie mit der Welt in Kontakt treten können.
Der Fall von Marie Heurtin, der viel mehr auf harter Arbeit und Beharrlichkeit beruht als auf Mystizismus, gilt als Wunder. Die Techniken, die Schwester Marguerite entwickelte, werden noch heute angewandt. Nach meinem Besuch hatte ich das Gefühl, Maries Geschichte erzählen zu müssen.
Menschen, die als anders gelten und dementsprechend marginalisiert werden, sind ein zentrales Thema meiner Filme, etwa bei "Die Anonymen Romantiker". Was mich an Marie Heurtins Geschichte fasziniert, ist die außergewöhnliche Figur der Schwester Marguerite. Ihre unverrückbare Überzeugung, dass es ihr gelingen wird, Marie aus ihrem inneren Gefängnis zu befreien.
Das Band, das Marie und Schwester Marguerite verbindet, steht für etwas Außergewöhnliches: Eine Nonne erlebt etwas, was für sie nicht vorgesehen ist, mütterliche Liebe. Diese enge Verbindung schließt allerdings auch den schmerzhaften Lernprozess der Trennung mit ein, den Marie beim Tod von Schwester Marguerite erfahren muss.
Die Vision, die ich von meinem Film habe, ist leuchtend, lichtdurchflutet. Ich will Maries Hände zeigen, wie sie Tiere berühren, Bäume und Gesichter, bewegende Momente, die letztendlich die Erfindung einer Sprache sind und die Geschichte einer Befreiung, eine Wiedergeburt.
Jean-Pierre Améris
PRODUKTIONSNOTIZEN
Historische Fakten
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kümmern sich im Institut Larnay in der Nähe von Poitiers im Westen Frankreichs die "Schwestern der Weisheit" um eine Gruppe von tauben und blinden Mädchen. Sie unterrichten sie und bringen ihnen bei, sich mit Hilfe von Zeichensprache verständlich zu machen.
Larnay wurde weltweit bekannt durch das 1900 erschienene Buch des französischen Literaturwissenschaftlers Louis Arnoulds (1864-1949), "Seelen im Gefängnis". Er beschreibt darin detailliert die Methode, die Schwester Marguerite bei der jungen, von Geburt an taubblinden Marie Heurtin anwandte.
Marie Heurtin, die oft als die französische Helen Keller bezeichnet wird, kam im März 1895 nach Larnay, im Alter von zehn Jahren. Sie war in einem noch schlechterem Zustand als das amerikanische Mädchen: Sie wehrte sich mit Leibeskräften gegen ihre Einlieferung und schrie wie ein wildes Tier. Unmöglich zu sagen, ob sie in der Lage war, etwas zu lernen, und wenn ja wie, denn sie konnte weder sehen, noch hören, noch sprechen. Nach vielen Monaten des Kampfes und der harten Arbeit konnte Schwester Marguerite einen ersten Erfolg bei der Vermittlung der Zeichensprache verzeichnen. Es gelang ihr, eine Verbindung herzustellen zwischen einem Gegenstand und einem Zeichen, das ihn symbolisierte: ein Taschenmesser, das Marie sehr viel bedeutete. Die Nonne nahm es ihr weg und beschrieb es ihr, indem sie ihre Finger über Maries Handfläche zog. Durch diese Finger floss unendlich viel Geduld und Zuversicht, eine Art übernatürlicher Strom, der wirkte und Spuren hinterließ und der die junge Marie fesselte, bis sie alle Zeichen des Taubstummen-Alphabets kannte.
Später lernte Marie Heurtin die Blindenschrift Braille, schrieb auf einer Schreibmaschine, spielte Domino und andere Spiele, nähte, strickte, wurde in Geschichte und Geographie unterrichtet, kannte die Uhr und wurde eine aufmerksame feinfühlige junge Frau. Ihre Geschichte gilt vielen als Wunder.
Noch heute ist das Larnay Institut aktiv in der Arbeit mit gehörlosen und sehbehinderten Kindern und Jugendlichen.
Marie Heurtin spricht über ihre Kindheit
Auszug einer Aufzeichnung von Marie Heurtin, die sie auf Wunsch von M. Lechalas verfasste, Chefingenieur der Brücken und Straßen in Rouen, für einen wissenschaftlichen Artikel im Journal von Louvain, undatiert.
"Ich erinnere mich, dass mich meine Eltern mit sieben Jahren - ehe ich nach Larnay kam - in ein anderes Institut bringen wollten. Ich wollte nicht in den Wagen steigen, nicht wegfahren, ich kannte die Eisenbahn nicht und hatte Angst. Ich habe mich an den Hals meines Onkels geklammert. Als meine Eltern weggingen, habe ich vor Wut über die Trennung geschrien. Ich habe ununterbrochen an sie gedacht und wollte abhauen, um sie zu suchen und zu finden. Ich war von ihnen und ihrer Zuwendung abhängig wie ein Tier, ohne zu wissen warum. Man hat mich zu meinen Eltern zurückgeschickt, weil man dachte, ich sei verrückt, eine Idiotin.
Bis zum Alter von zehn Jahren lebte ich wie ein Tier, wollte essen und Spaß haben. Ich habe oft mit meiner jüngeren Schwester gestritten. Ich habe sie und meine Eltern geschlagen, ich war böse, schnappte zu wie ein Hund.
Als ich nach Larnay kam, habe ich nichts verstanden. Ich war sehr dumm, konnte weder lesen, noch schreiben, noch stricken. Meine Lehrerin war sehr geduldig, auch wenn ich einige Monate lang wie ein kleiner Dämon war. Alles, was ich anfasste, machte mich wütend, weil ich nichts verstand. Heute berühre ich gerne alles, was mich umgibt, um mich zu orientieren. Ich bin sehr neugierig, was ich mit meinen Fingerspitzen sehen kann. Früher war ich unglücklich, jetzt bin ich glücklich und zufrieden." Gezeichnet: Marie Heurtin, taub-stumme Blinde aus Larnay bei Poitiers Helen Keller (1880 - 1968) - Die "amerikanische Marie Heurtin"
Sie ist die berühmteste der Taubblinden, sie wurde Schriftstellerin und Moderatorin, bewundert in der ganzen Welt
Mit 19 Monaten erblindete Helen Keller und verlor das Gehör. In der Kindheit hatte die Amerikanerin ein dem von Marie Heurtin vergleichbares Schicksal. Ihre Schwester Marguerite heißt Anne Sullivan, eine von den Eltern angeheuerte Erzieherin, die ins Haus kam, als Helen sechs Jahre alt war und die ihr Schicksal veränderte.
Die Methode, die Anne Sullivan anwandte, um ihren Schützling für die Welt zu öffnen, kommt der von Schwester Marguerite sehr nahe. Sie formte Zeichen in Helens Handflächen, die mit Objekten verbunden waren.
Nach und nach lernte Helen Braille, die Schrift der Blinden. Sie war eine begabte Schülerin, studierte sogar an der Universität und schloss mit einem Diplom ab. Die Ausbildung von Marie Heurtin - ein Geduld erforderndes Unterfangen "Alles an ihrer Methode war konkret, an Dingen ausgerichtet. Sie unterrichtete nichts, was nicht - im Rahmen des Möglichen - berührbar, tastbar war." (Louis Arnould, "Seelen im Gefängnis", über Schwester Marguerite)
Marie Heurtins Vorliebe für ein kleines Taschenmesser nutzt Schwester Marguerite als ersten Zugang zur Sprache, indem sie das Objekt mit einem Zeichen verbindet: Sie nimmt Marie das Messer weg, und ehe sie es ihr zurückgibt, legt sie deren Hände übereinander und macht eine Bewegung, als würde sie die eine Hand mit der anderen schneiden - das Kurzzeichen der Blindensprache für Messer. Erst dann gibt sie dem Kind den Gegenstand wieder.
Marie lernt nach und nach die Blindenzeichen für Ei, ein Nahrungsmittel, auf das sie versessen ist, dann das für Brot, Fleisch und viele andere Nahrungsmittel. Am Ende stellte man das Essen nicht mehr für sie auf den Tisch des Speisesaals, sondern gab ihr, worum sie mit Hilfe von Zeichen bat. Die Methode hat allerdings ihre Grenzen, es ist unmöglich, eine große Zahl von Zeichen auf diese Art zu vermitteln.
Deshalb musste Marie in einem zweiten Schritt das daktylologische Alphabet, die Fingersprache der Taubstummen, lernen. Die Hauptschwierigkeit bestand darin, dass Taube die Zeichen sehen können, sie einer Blinden aber in die Hand gezeichnet werden müssen.
Schwester Marguerite lehrte Marie die Zeichen durch Ertasten. Sie brachte ihr, mit Hilfe konkreter Objekte wie dem Messer, den Zusammenhang zwischen dem Zeichen (für Messer) und den entsprechenden Zeichen des Alphabets bei. So lernte Marie nach und nach auf ihrer Handfläche eine neue Sprache, die ihr ungeahnte Ausdrucksmöglichkeiten eröffnete.
Schließlich brachte Schwester Marguerite ihrem Schützling Braille bei. Nach etwas mehr als einem Jahr der Anstrengungen beherrschte Marie die neue Sprache, ungeachtet ihrer ursprünglichen Unfähigkeit zur Kommunikation. Adjektive für das Abstrakte
Nach einem Jahr in Larnay konnte Marie konkrete Objekte und materielle Handlungen erkennen und beschreiben. Aber wie sollte sie lernen, Dinge zu bewerten, wie Zugang zur Welt des Abstrakten finden?
Schwester Marguerite begann damit, ihr zwei Mitschwestern in Larnay zu beschreiben, die eine groß, die andere klein, und ihr damit das Gefühl für Größe zu vermitteln. Um den Unterschied zwischen Arm und Reich zu verstehen, ließ sie die Schülerin unterschiedlich gekleidete Menschen ertasten, die einen in Lumpen, die anderen in feinen Stoffen mit Geld in der Tasche.
So lernte Marie die Bedeutung von jung und alt kennen, lebendig und tot, Liebe und Hass, Gegenwart und Vergangenheit. Dieses Wissen um Dinge wie Vergänglichkeit löste bei Marie allerdings auch Angst aus und zog bisweilen Krisen, Revolte und Abwehr nach sich. Eine entscheidende Etappe war das Verständnis von Seele und Gott - Bedeutungen, die im religiösen Kontext von Larnay von großer Wichtigkeit waren und erst für den wahren Erfolg der Ausbildung standen. Marie erhielt Zutritt zu diesen Konzepten, indem sie "verstand", dass Gott der Ursprung aller Dinge ist, angefangen mit der Sonne ...
Die sieben Sprachen der Marie Heurtin
Am Ende ihres Lebens beherrschte Marie, die nie aufhörte zu lernen, zahlreiche Arten der Kommunikation
+ - Die Sprache der Mimik (ein Objekt hat ein spezifisches Zeichen)
+ - Die Daktylologie (Das Zeichnen von alphabetischen Zeichen auf der Haut)
+ - Braille (Blindenschrift)
+ - Englische Schrift
+ - Vokale Laute (durch Abtasten der Lippen)
+ - Schreibmaschine (mit Hilfe von Blindenzeichen)
Die Methode von Larnay
Einige Monate vor ihrem Tod legte Schwester Marguerite die Grundlagen der Methode von Larnay für die Ausbildung von Tauben und Blinden in verschiedenen Etappen fest. + - Dem Schüler die Bedeutung des Zeichens verständlich machen, indem er die Verbindung versteht zwischen dem ertasteten Objekt und dem mimischen Zeichen, das es repräsentiert. Dem Kind die Namen der wichtigsten Objekte, Personen und Dinge seiner Umgebung beibringen, die es erfühlen kann.
+ - Dem Kind das daktylologische Alphabet (Alphabet der Stummen) beibringen bzw. die 24 Positionen der Finger. Für jedes mimische Zeichen und seine
daktylologische Entsprechung einen Gegenstand festlegen. Das Kind soll in der Lage sein, sich durch Mimik oder durch Zeichen mit den Fingern, die dem Gegenstand entsprechen, zu verständigen. Erlernen des Alphabets.
+ - Dem Schüler sprechen beibringen. Jeder Buchstabe des daktylologischen Alphabets wird auf der Hand aufgezeichnet. Seine Aussprache kann ertastet werden - durch die Position der Lippen, der Zähne, die Vibration der Brust oder des Halses, die Resonanz der Luft in der Nase - solange, bis das Kind den gleichen Ton erzeugen kann.
+ - Die Übereinstimmung des Zeichenbuchstabens, des gesprochenen Buchstabens und des auf Englisch geschriebenen, in Reliefschrift dargestellten Buchstabens vermitteln. Lesen lernen: Mit dem Finger auf der Tafel die Buchstaben nachzeichnen. Erster Schritt hin zur Bewegung des Schreibens.
+ - Übereinkunft der daktylologischen Buchstaben mit der Schrift Braille aufzeigen. Ziel: Schnelles, flüssiges Lesen und Schreiben.
+ - Erlernen der Schrift Ballu (Typographie).
Kommunikationsmöglichkeiten für Blinde und Taube
"Ich langweile mich nicht mehr, wie früher, weil ich denken kann, lieben und arbeiten. Ich kann mit den Fingerkuppen lesen. Ich schreibe wie die Sehenden, mit Kreide auf der Tafel. Ich habe die Ballu-Schrift gelernt, und mit dieser Schrift kann jeder lesen, was ich schreibe. Im Moment lese ich mit einem Vergnügen ohne Gleichen die ausgewählten Erzählungen von Daudet." Marie Heurtin
Zeichensprache
Wegbereiter der Zeichensprache war Abt Charles-Michel de l'Epée (1712 - 1789), der beobachtet hatte, wie taube Zwillinge sich untereinander mit Gesten verständigten. Der Abt entwickelte eine spezielle Art der Unterweisung in der ersten, von ihm in Paris gegründeten Institution. Ferdinand Berthier (1803 - 1886) führte sein Werk fort und gründete 1838 den Zentralverband für Taubstumme, für deren Rechte auf Benutzung der Zeichensprache und gesellschaftliche Anerkennung er vehement eintrat.
Zeichensprache basiert auf Gesten, die ein Wort oder eine Aussage repräsentieren, vor allem ikonographische, die eine Handlung oder ein Objekt symbolisieren). Es gibt ein daktylologisches Alphabet (dargestellt wird das korrespondierende Zeichen aus dem lateinischen Alphabet), um Eigennamen zu buchstabieren oder Worte, die noch nicht in Zeichensprache existieren.
Die Zeichen werden mit Hilfe der Hände, des Blicks und des Raums vermittelt: die Konstellation und die Stellung der Hände, ihre Bewegung im Raum bilden Zeichen. Die Anordnung der Zeichen, ebenso die Richtung des Blicks, vermitteln Bedeutungen wie aktiv/passiv oder Gegenwart/Vergangenheit. Das Gesicht und die Bewegung der Schultern können weitere Nuancen ausdrücken.
Die Zeichensprache entwickelte sich mit dem Zugang von Taubstummen zu entsprechenden Ausbildungsmöglichkeiten. Sie verfügt über 120 unterschiedliche Zeichen weltweit.
Braille (Blindenschrift)
Louis Braille (1809 - 1852), der infolge eines Unfalls das Augenlicht verlor, baute das System der Sonographie weiter aus, das Charles Barbier de La Serre Anfang des 19. Jahrhunderts entwickelt hatte und mit dessen Hilfe es möglich war, Töne mit Hilfe einer Reliefschrift auf einem Sprechgitter zu übermitteln. Aus diesem Ingenieursprinzip entwickelte er ein Schreib- (und Lese-)system, das durch hervorstechende Punkte fühlbar ist. Diese Methode wandte er zum ersten Mal 1829 an.
Beim Braille wird jeder Buchstabe durch Punkte dargestellt. Sechs Punkte, drei in der Höhe mal zwei in der Breite, bilden das Raster. Die Punkte werden im Relief dargestellt. Auf diese Weise können 63 Zeichen (Buchstaben, Satzzeichen, Chiffres und mathematische Zeichen) dargestellt werden.
Nach seiner Erfindung verbreitete sich Braille schnell, auch dank der technischen Entwicklung und der guten Umsetzbarkeit, beispielsweise beim Buchdruck. Auch in die modernen Technologien hat es Eingang gefunden. Menschen, die schlecht sehen, nutzen heute elektronische Daten mit dem entsprechend angepassten Equipment. Braille wurde auch in asiatische Länder exportiert und dort entsprechend angepasst.
Ballu, Oralismus
Entwickelt von Victor Ballu (1829 - 1907) im Dienst der Blinden, ist Ballu ein gegenüber dem Braille verfeinertes Schriftsystem, das sich ebenfalls Buchstaben in hervorgehobenen Punkten bedient. Es ist in den letzten Jahren in Vergessenheit geraten.
Bei der Ausbildung von Gehörlosen wurde lange Zeit mehr auf Oralismus gesetzt als auf Gebärdensprache. Die Bildung von Sprechlauten und das Ablesen vom Mund stehen dabei im Vordergrund. Am Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Gebärdensprache im Unterricht verboten, fast 100 Jahre lang war nur oralistische Spracherziehung erlaubt. Das Institut von Larnay - 150 Jahre nach seiner Gründung noch immer aktiv "Bei der Kommunion sprach der Priester zu den Blinden. Von einem Podest aus, mit dem Rücken zum Prediger, wiederholte eine Nonne seine Worte mit Gesten für die Augen der Taubstummen. Eine andere Schwester artikulierte sie mit den Lippen für die Gehörlosen, die sprechen können. Im hinteren Teil der Kapelle wurde die Predigt für Marthe Obrecht und Marie Heurtin mit Zeichen in ihre Handflächen übertragen." (Louis Arnould, "Seelen im Gefängnis")
Geführt von den "Schwestern der Weisheit", wurde die Institution, die sich ganz der Ausbildung junger tauber Mädchen widmete, 1835 in der Nähe von Poitiers gegründet. 1895 kam Marie Heurtin nach Larnay. Sie war zehn Jahre alt. Bis heute wurden dort Hunderte von gehörlosen und blinden Kindern ausgebildet
Die Ursachen der Hörsehbehinderung sind vielfältig. Man vermutet, dass weltweit zwischen 4,5 bis 11 Einwohner pro 100.000 mit diesem doppelten Handicap zu leben haben.
Ist die Fähigkeit zur Sprache angeboren oder erlernt? Bis in die 1960er Jahre ging man davon aus, dass die Umgebung und der soziokulturelle Kontext entscheidend für das Erlernen der Sprache sind. Der amerikanische Linguist Noam Chomsky stellte als erster diese Theorie in Frage mit dem Ansatz, dass die Fähigkeit zum Sprechen angeboren ist, einem biologischen System folgt: "Wir sprechen wie wir sehen. Wir lernen unsere Sprache nicht, sie ist in unserer Biologie angelegt", schrieb er 1957 in "Syntactic Structures". Drei Sinne stehen den Menschen mit Hörseh-Behinderung zur Verfügung: Geschmack, Geruch, Tastsinn. Die Haut ist das wichtigste Organ, ausgestattet mit Millionen sensorischer Zellen, die ihre Informationen sofort ans Gehirn liefern. Für das Leben ohne Gehör und Augenlicht ist der Tastsinn daher ein essentieller Sinn.
BESETZUNG
DIE FIGUREN UND IHRE DARSTELLER
Marie Heurtin, das "wilde Kind"
"Es war kein Mädchen von zehn Jahren, das in Notre-Dame de-Larnay aufgenommen wurde, sondern ein wildes Monster." (Louis Arnould, "Seelen im Gefängnis") Marie Heurtin wurde am 13. April 1885 in Vertou (Loire-Inférieure) geboren. Ihr Vater war Handwerker. Taub und blind von Geburt an, war sich Marie im Alter von zehn Jahren quasi selbst überlassen. Ungeachtet des Rats der Ärzte, die eine Einlieferung ins Irrenhaus in Nantes empfehlen, unternahm ihr Vater einige Versuche, seine Tochter anderweitig unterzubringen. Aber dieses "wilde Kind" litt unter zu schwerwiegenden Behinderungen ...
Schließlich wurde Marie in Larnay aufgenommen, von den "Schwestern der Weisheit" - Nonnen, die sich um junge taube Mädchen kümmern. Hier begann ein menschliches Abenteuer ungeheuren Ausmaßes: Das eines von der Außenwelt abgeschnittenen, völlig unsozialisierten Kindes, welches sich Schritt für Schritt dank der geduldigen Unterweisung einer einmaligen Lehrerin, Schwester Marguerite, aus der Dunkelheit löste, in der sie von Geburt an gefangen war.
Im Verlauf mehrerer Jahre öffnete Schwester Marguerite Stück für Stück für Marie die Tür des Wissens und der Kommunikation. Es dauerte nur vier Jahre, bis Marie nicht nur die konkrete, sie umgebende Welt, verstand, sondern auch die nicht greifbare. Ihr Verständnishorizont umfasste auch abstrakte Konzepte wie Gott. Ein zwingender Bestandteil der Ausbildung in dieser religiösen Institution: Im Mai 1899 legte Marie ihre erste Kommunion ab. Sie blieb zeit ihres Lebens sehr fromm.
Marie war 25, als ihre Lehrerin 1910 starb. Auch wenn diese Trennung sie sehr mitnahm, setzte sie ihre Ausbildung fort. Sie war gesellig, spielte gern Domino, Dame oder andere Spiele. Sie arbeitete, fertigte Kleidung (vor allem für Soldaten während des Ersten Weltkriegs), Bezüge für Stühle und andere handwerkliche Produkte.
Von 1907 an kümmerte sich Marie um einen Neuzugang, die junge Anne-Marie Poyet, der sie Braille beibrachte. 1910 kam auch ihre kleine Schwester Marthe nach Larnay, wie Marie taub und blind. 1921 erkrankte sie an einer Lungenentzündung und starb am 22. Juli. Sie wurde 36 Jahre alt.
Ariana Rivoire ist Marie Heurtin
Ariana Rivoire, die selbst gehörlos zur Welt kam, konnte sich hervorragend in Marie hineinversetzen. Dennoch stellte die Rolle für das junge Mädchen, das über keinerlei Schauspielerfahrung verfügte, eine gewaltige Herausforderung dar.
Regisseur Jean-Pierre Améris mischte, wie schon bei seinen früheren Filmen, wieder Schauspieler mit Laien, Männer und Frauen, die aus der Lebensrealität kommen, die sie darstellen. Bei "Les aveux de l'innocent", 1996, waren es Gefangene, bei "C'est la vie", 2001 Kranke auf der Palliativ-Station. Ursprünglich wollte er Maries Rolle von einem Mädchen spielen lassen, das selbst taub und blind ist. Aber die extrem lange Vorbereitungszeit, die in diesem Fall nötig gewesen wäre, führte zur Wahl einer "nur" gehörlosen Darstellerin. Améris erzählt: "Das Casting dauerte sehr lange. Wir haben viele Institutionen für junge Taube aufgesucht. Bis mir im Lycée Chambéry beim Frühstück ein junges Mädchen auffiel, die nicht zum Casting gekommen war, weil sie, wie sie mir sagte, vergessen hatte sich anzumelden! Wir haben sie uns angeschaut, und sofort war klar: das ist sie. Die Frage, ob sie schauspielern kann, stellte sich gar nicht, weil ich sofort gespürt habe, dass sie diese Lebendigkeit hat, die Kraft, die auch Marie Heurtin auszeichnete. Ein Kind zu finden, das in der Lage ist, eine taubstumme Blinde zu spielen, gleichzeitig ein wildes Kind ist, war die große Aufgabe. Als wir ihr die Rolle im März 2013 anboten, ist sie nicht etwa vor Freude in die Luft gesprungen, sondern sagte: 'Ich werde darüber nachdenken'. Diese Reaktion hat mir sehr gefallen. Ich wusste, sie weiß was sie will, und das war ein gutes Zeichen."
Vom Frühling 2013 an kam Ariana regelmäßig mehrere Monate lang zur Vorbereitung nach Paris. Man las das Drehbuch, probte die Szenen, traf mit Isabelle Carré (Schwester Marguerite) zusammen. Ariana war sehr aufmerksam, stellte unentwegt Fragen, versuchte zu verstehen. Sie war fasziniert von der Geschichte Marie Heurtins, die sie in ihrer eigenen Behinderung wiederfand. Schließlich nahm Améris sie mit zu CESSA, einem auf Taube und Blinde spezialisierten Ausbildungszentrum in Poitiers. Es war ein bewegender Augenblick, weil Ariana dort zum ersten Mal taubblinde Erwachsene traf - die Marie Heurtins von heute.
In DIE SPRACHE DES HERZENS gibt Ariana Rivoire ihr Filmdebüt.
Schwester Marguerite: Ein Leben den Tauben und Blinden gewidmet v "Ihre Güte war grenzenlos. Voller Feingefühl, aber ohne faden Beigeschmack oder Wohltätigkeitsdünkel, ohne Schwäche und mit der nötigen Entschlossenheit. Diese Art der tiefen, starken Güte strahlte ihr Gesicht ebenso aus wie ihr Verstand." (Louis Arnould, "Seelen im Gefängnis", über Schwester Marguerite)
Marie Germain, die später die heilige Schwester Marguerite wurde, wurde 1860 im Morbihan als Tochter des Arbeiters und Matrosen Saturnin Germain und der jungen Bäuerin Catherine Le Guen geboren.
Ihre Eltern hatten acht Kinder, von denen nur zwei Mädchen überlebten, Marie und ihre ältere Schwester Jeann-Marie. Marie war 13, als ihr Vater auf See vermisst wurde. Mit 14 lernte sie Pater Michel, einen berühmten Kapuzinermönch, kennen, und den Orden der "Schwestern der Weisheit", die im Kloster Chartreuse in Auray lebten. Sie war damals bereits sehr fromm und fühlte sich durch diese Begegnungen berufen, ebenfalls Nonne zu werden. 1878 wurde sie Novizin bei den Schwestern der Weisheit in Saint-Laurent-sur- Sèvre im Vendée. Am 8. Juni 1879 legte sie mit 19 Jahren ihr Gelübde ab.
Sie wurde nach Poitiers geschickt, wo sie zwei Jahre lang im Heim Saint-Hilaire unterrichtete, ehe sie vom Institut für Blinde und Taubstumme in Larnay erfuhr, wo sie mit 21 Jahren angestellt wurde und das sie nicht mehr verließ. Ihre Begegnung mit Schwester Sainte-Médulle, die seit sechs Jahren ein blindes, taubstummes Mädchen unterrichtete, sollte ihr Schicksal besiegeln. v 1895, kurz nach dem Tod von Schwester Sainte-Médulle, übernahm sie die jahrelange Ausbildung eines Neuzugangs, Marie Heurtin, von 1895 bis 1905. 1907 wurde ein weiteres blindes und taubes Mädchen aufgenommen, das Schwester Marguerite ebenso unterrichtete wie Marie. v Ostern 1910 - die Mutter Oberin war gerade getorben - wird Schwester Marguerite, die nur schwer von einer Bronchitis genesen war, von neuem bei einem Kälteeinbruch ans Bett gefesselt. Ihr Zustand verschlechtert sich rapide. Am 7. April erhält sie die Sterbesakramente. Die 30 Schwestern von Larnay verabschieden sich eine nach der anderen von der Sterbenden, aber keine ihrer Schülerinnen will man diesen Emotionen aussetzen. Am Mittag des 8. April stirbt Schwester Marguerite im Alter von 50 Jahren. Sie wird, unter Anteilnahme aller Schülerinnen und ihrer Glaubensschwestern, auf dem Friedhof von Larnay beigesetzt.
"In der Einsamkeit Larnays entstand zwischen 1900 und 1910 das weltweit angesehenste intellektuelle Zentrum der Ausbildung für Taube und Blinde." (Louis Arnould, "Seelen im Gefängnis")
Nach der Veröffentlichung des Buches von Louis Arnould wurde Schwester Marguerite berühmt. Spezialschulen, Studenten, Ärzte aus Frankreich und Holland, Erzieherinnen aus New York und Skandinavien suchten sie auf. Sie korrespondierte mit italienischen Nonnen und amerikanischen Philosophen, internationalen Kapazitäten auf dem Gebiet der Arbeit mit Tauben und Blinden. Dieses Aufsehen beeindruckte die Nonne allerdings kaum. Sie vermied öffentliche Auftritte und weigerte sich 1903, nach Paris zu reisen, um im Cirque d'Hiver eine Auszeichnung entgegen zu nehmen. Als Arnould ihr 1909 vorschlug, ihre Lehrmethode in der Akademie der Wissenschaften vorzustellen, erhielt er die Antwort: "Zehn Tage Gefängnis wären mir lieber als zehn Minuten Akademie!"
Isabelle Carré ist Schwester Marguerite
Geboren 1971 in Paris, wollte Isabelle Carré ursprünglich Tänzerin werden, entschied sich während der Ausbildung aber um und besuchte stattdessen verschiedene Schauspielkurse. Seit ihrem Debüt 1989 in MILCH UND SCHOKOLADE ("Romuald et Juliette") als Tochter von Daniel Auteuil war sie in weit über 50 Film- und TV-Produktionen zu sehen. Sie spielte in Familienfilmen (Danièle Thompsons LA BUCHE, 1999; Jean Beckers EIN SOMMER AUF DEM LANDE ("Les enfants du marais", 1999) ebenso wie in Kostümfilmen, darunter DER HUSAR AUF DEM DACH ("Le hussard sur le toit", 1995). Ihr Markenzeichen sind die sanften Frauen mit Abgründen, die mit stiller Unbeirrbarkeit ihren Weg gehen wie in DIE VERBOTENE FRAU ("La femme défendue", 1997), GEFÜHLSVERWIRRUNGEN ("Les sentiments", 2004), Bertrand Taverniers HOLY LOLA (2004) oder Alain Resnais HERZEN ("Coeurs", 2006). Sie war die Erzählerin in DER FUCHS UND DAS MÄDCHEN ("Le renard et l'enfant", 2007), spielte die Anna M. in LIEBESWAHN ("Anna M.", 2007), in Francois Ozons RÜCKKEHR ANS MEER ("Le refuge", 2009) und zuletzt DU GOUDRON ET DES PLUMES (2014). Mit Jean-Pierre Améris drehte sie bereits DIE ANONYMEN ROMANTIKER ("Les émotifs anonymes", 2010).
1997 gewann Isabelle Carré den Prix Romy Schneider, ihr erklärtes Vorbild, für DIE VERBOTENE FRAU. Für ihre Rolle in CLAIRE - EINE KURZE GESCHICHTE VOM VERGESSEN ("Se souvenir de belles choses", 2001), wo sie gegen den durch Alzheimer bedingten kompletten Gedächtnisschwund kämpft, erhielt Carré u. a. den César. Sie war sechs Mal für den César nominiert und wurde für verschiedene Theaterrollen mit dem Prix Molière ausgezeichnet.
FILMOGRAFIE (Auswahl)
1989 ROMUALD ET JULIETTE (Milch und Schokolade, Regie: Coline Serreau)
1995 LE HUSSARD SUR LE TOIT (Der Husar auf dem Dach, Regie: Jean-Paul
Rappenau)
1996 BEAUMARCHAIS L'INSOLENT (Beaumarchais - der Unverschämte, Regie: Edouard Molinaro)
1997 LA FEMME DEFENDUE (Die verbotene Frau, Regie: Philippe Harel)
1999 LA BUCHE (Regie: Danièle Thompson)
LES ENFANTS DU MARAIS (Ein Sommer auf dem Lande, Regie: Jean Becker
2001 SE SOUVENIR DES BELLES CHOSES (Claire - Sich erinnern an die schönen Dinge, Regie: Zabou Breitman)
2002 A LA FOLIE ... PAS DU TOUT (Wahnsinnig verliebt, Regie: Laetitia Colombani)
2003 LES SENTIMENTS (Gefühlsverwirrungen, Regie: Noémie Lvovsky)
2004 HOLY LOLA (Regie: Bertrand Tavernier)
2005 ENTRE SES MAINS (Regie: Anne Fontaine)
2006 COEURS (Herzen, Regie: Alain Resnais)
2007 ANNA M (Liebeswahn, Regie: Michel Spinosa)
2009 LE REFUGE (Rückkehr ans Meer, Regie: François Ozon)
2010 RENDEZ-VOUS AVEC UN ANGE (Rendezvous mit einem Engel, Regie: Sophie de
Daruvar, Yves Thomas)
2010 LES EMOTIFS ANONYMES (Die Anonymen Romantiker, Regie: Jean-Pierre Améris)
2012 CHERCHEZ HORTENSE (Regie: Pascal Bonitzer)
2014 MARIE HEURTIN (DIE SPRACHE DES HERZENS, Regie: Jean-Pierre Améris)
RESPIRE (Regie: Mélanie Laurent)
DU GOUDRON ET DES PLUMES (Regie: Pascal Rabaté)
TROIS SOEURS (Regie: Anne Giafferi)
Brigitte Catillon ist die Mutter Oberin
Catillon zählt seit ihrem Debüt 1977 in MOLIERE ("Molière ou la vie d'un honnete homme") zu den viel beschäftigten Schauspielerinnen ihrer Generation. Sie spielte die unterschiedlichsten Rollen in Filmen wie DIE VORLESERIN ("La lectrice", 1988), EIN HERZ IM WINTER ("Un coeur en hiver", 1992), LUST AUF ANDERES ("Le gout des autres", 2000), SÜSSES GIFT ("Merci pour le chocolat", 2000), fürs Fernsehen JEAN MOULIN - LEBEN IM WIDERSTAND ("Jean Moulin", 2002), DON'T LOOK BACK ("Ne te retourne pas", 2009), BARFUSS AUF NACKTSCHNECKEN ("Pieds nus sur les limaces", 2010) und zuletzt Guillaume Galliennes Erfolg MAMAN UND ICH ("Les garcons et Guillaume, à table", 2013).
FILMOGRAFIE (Auswahl)
1977 MOLIERE OU LA VIE D'UN HONNETE HOMME (Molière, Regie: Ariane
Mnouchkine)
1988 LA LECTRICE (Die Vorleserin, Regie: Michel Deville)
1992 UN COEUR EN HIVER (Ein Herz im Winter, Regie: Claude Sautet)
1993 LOUIS, ENFANT ROI (Die Kindheit des Sonnenkönigs, Regie: Roger Planchon)
1997 ARTEMISIA (Regie: Agnès Merlet)
1999 LA PARENTHESE ENCHANTEE (Die Sache mit dem Sex & der Liebe, Regie: Michel Spinosa)
2000 LE GOUT DES AUTRES (Lust auf anderes, Regie: Agnès Jaoui) MERCI POUR LE CHOCOLAT (Süßes Gift, Regie: Claude Chabrol)
2002 UNE FAMME DE MENAGE (Regie: Claude Berri)
2004 LES SOEURS FACHEES (Zwei ungleiche Schwestern, Regie: Alexandra Leclère)
2006 NE LE DIS PAS A PERSONNE (Kein Sterbenswort, Regie: Guillaume Canet)
2008 AFTERWARDS (Afterwards - Engel im Winter, Regie: Gilles Bourdos)
2009 NE TE RETOURNE PAS (Don't Look Back, Regie: Marina de Van)
2010 PIEDS NUS SUR LES LIMACES (Barfuss auf Nacktschnecken, Regie: Fabienne Berthaud)
2013 AMOUR & TURBULENCES (Regie: Alexandra Castagnetti)
LES GARÇONS ES GUILLAUME, A TÀBLE! (Maman und ich, Regie: Guillaume Gallienne)
STAB
Jean-Pierre Améris (Regie, Co-Autor Drehbuch)
Geboren 1961 in Lyon, hatte der Filmemacher seinen Durchbruch mit DIE ANONYMEN ROMANTIKER ("Les émotifs anonymes", 2010). Immer schreibt er auch an den Drehbüchern seiner Filme mit, oft mischt er bei der Besetzung professionelle Schauspieler mit Laiendarstellern. Zu seinen Filmen, die oft von wahren Begebenheiten geprägt sind oder einen dokumentarischen Einschlag haben, zählen LES AVEUX DE L'INNOCENT (1996), IN SCHLECHTER GESELLSCHAFT ("Mauvaises frequentations", 1999), C'EST LA VIE (2001), POIDS LEGER (2004), JE M'APPELLE ELISABETH (2006) und L'HOMME QUI RIT (2012). Fürs Fernsehen inszenierte er u. a. "Zu gut für diese Welt" ("La joie de vivre", 2011). In Vorbereitung ist eine Komödie, UNE FAMILLE A LOUER mit Benoît Poelvoorde .

FILMOGRAFIE (Auswahl)
1994 LE BATEAU DE MARIAGE (Das Hochzeitsboot)
1996 LES AVEUX DE L'INNOCENT
1997 MADAME DUBOIS - HOTEL BELLEVUE (TV)
1998 COMBATS DE FEMME (TV-Serie, 1 Episode)
1999 MAUVAISES FREQUENTATIONS (In schlechter Gesellschaft)
2001 C'EST LA VIE
2004 POIDS LEGER
2006 JE M'APPELLE ELISABETH
2007 MAMAN EST FOLLE (TV)
2010 LES EMOTIFS ANONYMES (Die anonymen Romantiker)
2012 L'HOMME QUI RIT
LA JOIE DE VIVRE (Zu gut für diese Welt, TV)
2014 MARIE HEURTIN (DIE SPRACHE DES HERZENS)
Philippe Blasband (Drehbuch)
Blasband schrieb bereits zusammen mit Jean-Pierre Améris DIE ANONYMEN
ROMANTIKER ("Les émotifs anonymes", 2010). Er hat zahlreiche Drehbücher verfasst. Zu seinen bekanntesten zählen IRINA PALM (Regie: Sam Gabarski), NATHALIE - WEN LIEBST DU HEUTE NACHT ("Nathalie", Regie: Anne Fontaine), EINE
PORNOGRAFISCHE BEZIEHUNG ("Une liaison pornographique", Regie: Frédéric Fonteyne), VERTRAUTE FREMDE ("Quartier lointain", Regie: Sam Gabarski), ANGÉLIQUE (Regie Ariel Zeitoun) und VIJAY UND ICH - MEINE FRAU GEHT FREMD MIT MIR ("Vijay and I", Regie Sam Gabarski).
Virginie Saint-Martin (Kamera)
Die Belgierin hat sich nicht nur in ihrer Heimat, sondern auch in Frankreich einen Namen als Kamerafrau gemacht. Sie filmte u. a. für Frédéric Fonteyne EINE PORNOGRAFISCHE BEZIEHUNG ("Une liaison pornographique", 1999), THOMAS EST AMOUREUX (2000), LA FEMME DE GILLES (2004) und TANGO LIBRE (2012).“

Weitere Informationen finden Sie unter www.concorde-film.medianetworx.de Trailer zum Film: http://www.sprachedesherzens-film.de/index.html

Der Dunkle Wettkampf

Über Bretter balancieren, um Hindernisse herummanövrieren, eine Schnitzeljagd absolvieren - und das alles, ohne hören und sehen zu können. Der 4. Dunkle Wettkampf, der Mitte August 2014 in Kleve an der niederländischen Grenze stattfand, hat den Teilnehmern einiges abverlangt Mercedes Seidel erzählt von ungewohnten Erfahrungen und großen Überraschungen.

Fünf Wettkämpfe sollten in den kommenden Tagen mein Geschick, meine Konzentration und meinen Orientierungssinn herausfordern, mich an meine Grenzen bringen - und weit darüber hinaus. Ich habe von der Fachgruppe Taubblinde und Hörsehbehinderte des Blindenund Sehbehindertenverbandes Nordrhein vom Dunklen Wettkampf erfahren und war neugierig darauf, wie es ist, gar nicht mehr sehen und hören zu können. Ich wollte einen Vorgeschmack darauf bekommen, was noch möglich ist, falls mein Usher-Syndrom fortschreitet und die betroffenen Sinne eines Tages vollständig ihren Dienst versagen.

17 hörsehbehinderte und taubblinde Teilnehmer hatten sich mit ihren Taubblindenassistenten und Begleitern zum 4. Dunklen Wettkampf zusammengefunden. Wir verständigten uns über das Lormen, über taktile Gebärden und auch über Lautsprache. Der selbst hörsehbehinderte Organisator, Georg Cloerkes, erklärte die Regeln des Wettkampfs. Alle hörsehbehinderten Teilnehmer konnten entscheiden, ob sie einen Gehörschutz, eine Augenbinde oder eine Simulationsbrille tragen wollten. Je eingeschränkter das Hören und Sehen, desto mehr Punkte gab es in der Wertung. Nur wer alle Stationen mit völliger Taubblindheit bewältigte, konnte den Dunklen Wettkampf in der höchsten Kategorie, der A-Klasse, gewinnen.

Alle waren ehrgeizig und haben sich für das Tragen von Augenbinde und Gehörschutz entschieden. Die Umstellung war anstrengend. Mich beeindruckt es, wie taubblinde Menschen sich im Alltag zurechtfinden. Ich erkenne sonst noch neblig-trübe Umrisse und nehme mit meinem Hörgerät zumindest Stimmen und Geräusche wahr, je nachdem, wie laut die Umgebung ist. Nicht alle hielten die Taubblindheit bei allen Aufgaben durch.

Der Wettkampf begann mit einem DominoSpiel. Die Spielsteine waren jeweils mit zwei Braille-Buchstaben beschriftet und mussten so aneinandergelegt werden, dass sich Städtenamen ergaben. Ich konnte nicht teilnehmen, da ich die Punktschrift nicht beherrsche, und rutschte in der Wertung in die B-Klasse.

Für die zweite Aufgabe gingen wir auf den Spielplatz der Jugendherberge, in der wir untergebracht waren. Dort gab es eine Seilbahnanlage, also ein gespanntes Stahlseil in knapp drei Metern Höhe, an dem mit einer Kette ein kleiner Sitz befestigt ist. Wir fuhren allerdings nicht mit der Seilbahn, sondern nutzten sie als Leitlinie. Mit meinem Langstock pendelte ich über den Boden, mit einem zweiten Langstock, den uns die Organisatoren gegeben hatten, tastete ich mich an dem gespannten Seil über mir entlang. Es galt, vom Startpunkt bis zum Anschlag der Seilbahn zu gelangen und dabei Hindernissen auszuweichen. Mal lagen Holzstapel im Weg, mal stand jemand aus dem Organisationsteam auf der Strecke. Das Seil war eine ungewöhnliche Orientierungshilfe. Ich musste mich sehr auf meine Bewegungen konzentrieren. Hilfreich war, dass man üben durfte, bevor man an den Start ging.

Der nächste Wettkampf stellte nicht nur für mich eine noch größere Herausforderung dar. Man musste von der Jugendherberge bis zu einer Grillhütte finden. Über Sandboden ging es einen Hang hinab, nur wenige Meter des Weges waren gepflastert. Als Wegbegrenzung diente eine Böschung. Ich musste achtsam mit dem Langstock zwischen den Gräsern pendeln. Sobald ich an der Hütte angekommen war, hob ich als Zeichen meinen Arm. Es war schwierig, auf dem unebenen Untergrund zu laufen und dabei ohne Streckenmarkierungen die Orientierung zu behalten.

Am Startpunkt der vierten Station musste ich eine Karte ziehen, die mit taktilen Zeichen eine Himmelsrichtung vorgab. Auf meiner Karte stand „Nordwest". Den übergroßen, aus Pfählen gebauten Kompass, mit dem ich die Richtung bestimmen konnte, musste ich jedoch erst finden. Der Weg zum Kompass war mit auf dem Boden installierten Kunststoffröhren markiert. Wieder mit zwei Langstöcken ausgerüstet, arbeitete ich mich Stück für Stück vor, bis ich an einem Pfahl ankam, der die Kompassmitte bildete. Um ihn herum wiesen weitere Pfähle in die verschiedenen Himmelsrichtungen. Ich identifizierte Nordwesten, ging in die vorgegebene Richtung und fand mich am Ziel wieder.

Beim letzten Wettbewerb war Geschicklichkeit gefragt. Auf dem Boden lag ein etwa zehn Meter langes Holzbrett. Darauf musste ich entlanglaufen, ohne das Gleichgewicht zu verlieren. Beim ersten Durchgang konnte man sich Zeit lassen, aber beim zweiten Lauf wurde die Zeit gestoppt. Da ich sehr mit meinem Gleichgewicht zu kämpfen habe, dachte ich mir: „Augen zu und durch!" Aber zu meiner eigenen Überraschung habe ich es geschafft.

Hungrig von den anstrengenden Aufgaben freuten wir uns, dass wir am Abend grillen konnten - den Grillplatz hatten wir schließlich alle gefunden! Wir saßen gemütlich beisammen, auch wenn das Wetter so gar nicht sommerlich sein wollte.

Es folgte die Siegerehrung als Belohnung für unsere Leistungen. Alle Teilnehmer bekamen eine Urkunde überreicht. Der Sieger der A-Klasse war Oliver Ley aus Engelskirchen. Als Sieger der B-Klasse wurde mein Name verkündet. Damit hatte ich gar nicht gerechnet - hatte ich doch nur zum Spaß teilgenommen! Mit großer Begeisterung tanzten wir anschließend bis in die späten Stunden den Fuchstanz - ein Tanz für taubblinde Menschen, bei dem man sich paarweise eingehakt im Kreis zur Vibration einer großen Trommel dreht.

Der Dunkle Wettkampf war für alle eine tolle Erfahrung. Wir hatten viel Spaß daran, unsere Fähigkeiten auf ungewohntem Terrain auszuprobieren und uns mit anderen zu messen. Das Wichtigste aber war, dass wir uns selbst beweisen konnten, was wir mit dem Langstock und unserem Orientierungssinn ohne fremde Hilfe zu leisten vermögen. Neben meiner Siegerurkunde habe ich viel Selbstbewusstsein mit nach Hause genommen, das mir auch im Alltag mehr Sicherheit geben wird. Ich möchte anderen hörsehbehinderten und taubblinden Menschen Mut machen, am Dunklen Wettkampf teilzunehmen. Ich jedenfalls nehme die Herausforderung gerne ein zweites Mal an!

INFO: Der 5. Dunkle Wettkampf ist für August 2016 geplant. Mehr Infos bei Georg Cloerkes, E-Mail: gcloerkes@t-online.de

Warnweste für Taubblinde

Es gibt seit kurzem eine Warnweste für Taubblinde. Diese ist in einen kräftig leuchtenden Gelb und hat vorne reflektierende Streifen in silbergrau und auf dem Rückenteil ein durchgestrichenes Ohr und eine stilisierte Person mit einem Langstock; beide Symbole ebenfalls in reflektierendem silbergrau.
Die Warnweste gibt es nur in einer Größe. Sie hat vorne variable Klettverschlüsse, so daß sie jeder Körpergröße und jedem Bekleidungsumfang angepaßt werden kann. Sie läßt sich über dem Wintermantel genauso gut tragen wie über dem T-Shirt.

Die Warnweste kann beim IRIS in Hamburg bestellt werden. Dafür genügt eine einfache Mail an info@iris-hamburg.org

Terminankündigung: "Kongress Leben mit Taubblindheit"

Der Kongress "Leben mit Taubblindheit" am 19. und 20. September 2014 im Oberlinhaus in Potsdam steht unter der Schirmherrschaft von Eva Luise Köhler und soll das gesellschaftliche Verständnis der besonderen Situation taubblinder Menschen fördern. Die Organisatoren hoffen, mit dem Kongress zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Personenkreis beizutragen. Inhaltlich wird das Thema Taubblindheit im Lichte medizinischer, psychosozialer, pädagogischer, rechtlicher und gesellschaftlicher Fragestellungen mit nationalen und internationalen Experten aus Wissenschaft und Praxis diskutiert. Der spezifische Unterstützungsbedarf durch die gleichzeitige Beeinträchtigung beider Fernsinne wird intensiv beleuchtet.
Der Kongress bringt Wissenschaft und Praxis zusammen und richtet sich an ein breites Publikum. Angesprochen sind neben Wissenschaftlern und Experten Politiker, Verantwortliche bei Beratungsstellen, Leistungsträgern, Krankenkassen, Fördereinrichtungen und Heimen sowie Angehörige und Betroffene.
Zum Hintergrund: Taubblindheit ist als Einschränkung mehr als der Verlust des Hör- und Sehvermögens. Einschneidend ist für die von Taubblindheit betroffenen Menschen die fehlende Fähigkeit zur Kompensation des Sinnesverlusts. Die Herausforderungen liegen in Kommunikation, Orientierung, Mobilität sowie dem Zugang zu Informationen.
10 Jahre nach der Aufforderung durch das Europäische Parlament, die Rechte taubblinder Menschen anzuerkennen und ihnen Geltung zu verschaffen, hat das Thema Taubblindheit und Hörsehbehinderung in Deutschland in den letzten Jahren an Aufmerksamkeit gewonnen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales arbeitet an der Einführung eines Merkzeichens und spezifischer Nachteilsausgleichen für taubblinde Menschen.
Das vorläufige Programm, Anmeldemöglichkeit (erst ab 1.4.) und weitere Informationen finden Sie unter www.kongress-taubblindheit.de
Organisatoren sind die Humboldt-Universität Berlin, das Oberlinhaus, die Stiftung taubblind leben und Leben mit Usher-Syndrom e.V.

Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an: Sebastian Klaes sebastian.klaes@leben-mit-usher.de oder info@taubblindenkongress.de

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Dr. med. Bernd Wibbeke
Mozartstr. 11
48324 Sendenhorst
Tel: 02526 950013

iPhone für Hör-Seh-Behinderte?

iPhone nicht nur für Sehende, - Apple hat auch an uns gedacht!

Zur Anmerkung: Ich selbst, Hannelore Freitag (mittlerweile 71) bin blind, kann aber mittels ihrer Hörtechnik Gesprochenes noch verstehen.

Auch ich habe mir ein iPhone zugelegt und bin total begeistert! Meine Bekannten meinten entsetzt, ich könne mit dem Touchscreen doch gar nichts anfangen! "Nee, aber Hören!". Grinsend erkläre ich meinem Gegenüber, dass das iPhone ein ganz spezielles Programm hat. Unter 'Einstellungen/Allgemein/Bedienungshilfen' findet sich der Eintrag 'VoiceOver'. Es ist eine Sprachausgabe für blinde Nutzer. Bei dieser Einstellung werden alle Elemente angesagt. Zugleich erhält man die Information, wie diese geöffnet bzw. aktiviert werden können. Das heißt, alle auf dem Display zu sehenden graphischen Darstellungen für Programme und Schalter sowie die Zeichen auf der Tastatur und dem Zahlenblock werden benannt. Und natürlich werden auch alle Textbereiche vollständig vorgelesen.

Eine sehr nützliche Anwendung bietet uns die 'Übungsseite'. Hier werden die verschiedenen angewandten 'Gesten' beschrieben. Auf dieser leeren Seite befindet sich nur ein 'Knopf', oben rechts, der Fertigschalter zum Verlassen dieser Seite. Auf dieser Seite also kann man so lange üben, bis man die Technik im Griff hat. Eine wirklich feine Sache!

Was versteht man nun unter 'Gesten'?
'Geste' meint eine bestimmte Art Berührung oder Berührungsabfolge mit einem oder mehreren Finger/n. Es wird dabei getippt oder 'gewischt'. Ist VoiceOver auf den Geräten aktiv, ändert sich auch die Gestensteuerung zur Bedienung des iPhones. Eine Gestenübersicht findet Ihr unter
http://www.vo-portal.de/index.php/voiceover-ios/gestenuebersicht

Und das Tolle ist: Dank dieser Bedienungshilfe genießen wir auf diesem Gerät gegenüber den Sehenden einen großen Vorteil! Wir können nämlich so lange mit unseren Fingern auf der Oberfläche problemlos herumwandern, bis wir mit einem Doppeltipp eine Aktion auslösen.

Auch Usher-Betroffene mit geringem Sehrest brauchen nicht auf ein iPhone zu verzichten. Zoomtext und Kontrast lassen sich gut einstellen. Es kann hierbei durchaus das Voice Over-Programm eingeschaltet sein. Mit einem Doppeltipp mit drei Fingern lässt sich die Sprache ausstellen. Die in diesem Programm bestehenden Gesten können natürlich weiter angewandt werden.

Und wie ist es mit den Klingeltönen? Auch daran hat Apple gedacht. Einstellbare Vibration signalisiert den Eingang neuer Nachrichten, und eine Blitzlichtfunktion kann zusätzlich aktiviert werden.

Nun werden sich Taubblinde fragen: Und was haben wir davon? Keine Sorge, auch daran hat Apple gedacht! Voraussetzung ist natürlich die Beherrschung der Brailleschrift. Auf der Seite von Vo Portal heißt es: „Als weitere Möglichkeit neben den Gesten und den externen Tastaturen, ein iPhone oder iPad zu steuern, stehen einem die Braillegeräte zur Verfügnung. Mit etwas Übung kann das iPhone oder iPad in der Jackentasche oder im Rucksack verweilen. Die Steuerung erfolgt dann ausschließlich über die Braillezeile. Das Koppeln einer Braillezeile an das iPhone oder iPad ist sehr leicht zu bewerkstelligen. Eine umfassende Liste mit Braillebefehlen ermöglicht es einem, das iPhone oder iPad vollständig auf der Braillezeile zu bedienen. Apple unterstützt bereits eine ganze Reihe diverser Braillezeilen, die an das iPhone und iPad gekoppelt werden können.

Die Vorteile einer angekoppelten Braillezeile auf einen Blick:
- bequemes und zielgerichtetes Steuern dank zahlreicher Tastenkombinationen;
- Anzeige des Bildschirmtextes auf der Braillezeile;
- einfaches und schnelles Schreiben über die 8-Punkt-Eingabe auf der Braillezeile.
- Komplette Bücher können in Blindenschrift über die Apps, iBooks und 'Kindle' problemlos gelesen werden. …“


Eine Auflistung von geeigneten Braillezeilen findet Ihr unter http://www.vo-portal.de/index.php/voiceover-ios/braillebedienung/unterstuetzte-braillezeilen

Firma Handytech hat auf der SightCity 2013 ihr 'BraillePen12' präsentiert. Handytech schreibt auf seiner Seite dazu unter anderem: "Das BraillePen12 ermöglicht den drahtlosen Zugang zu den unterschiedlichsten Kommunikationsgeräten. Einfach per Bluetooth mit Handy, iPhone, Notbook oder PDA verbinden, und schon können Sie auf der 12-stelligen Braillezeile angezeigte Informationen lesen und Braille-Texte eingeben. Auf der 6 Punkte-Brailletastatur können Sie bequem SMS oder E-Mails schreiben. Mit gerade mal 260 Gramm ist das BraillePen12 der ideale Begleiter für mobile Kommunikation. …"

Alle mobilen Apple-Geräte wie iPhone, iPad oder iPod sind mit der integrierten Zugangssoftware VoiceOver ausgestattet. Ab der Version 4.1 des iOS Betriebssystems sind diese Geräte drahtlos mit der Mini-Braillezeile BraillePen12 für blinde Braillenutzer zugänglich. Sie brauchen nicht mehr mühsam am touchscreen zu navigieren oder Texte einzugeben. Mit dem BraillePen12 können Sie schnell Texte in Braille eingeben und Displayinformationen in Punktschrift lesen.

Weitere Informationen finden Sie unter
https://www.handytech.de/produkte.php?produkt=96#nav

Oh, wie niedlich! Ein Handschmeichler!

Aber wofür sind denn die drei Knöpfchen?
Drückt man auf diese Knöpfchen, vibriert der "Handschmeichler": Knopf 1 gibt die Stunde an, Knopf 2 die 10 Minuten im Intervall und Knopf 3 die Minuten. Ja, Sie haben richtig erkannt - es handelt sich um eine Vibrations-Taschenuhr "Meteor". Eine ideale Lösung für die Taubblinden. Aber auch als Alternative für Blinde und Sehbehinderte, denen die sprechende Uhr wahrlich auf den Wecker geht. Nicht zu vergessen, dass bei der Abfrage der sprechenden Uhr auch die eine oder andere Person im unmittelbaren Umfeld sich belästigt fühlen könnte.
Weitere Informationen finden Sie unter www.alexandravision.com

Ein Leben mit wenig oder ohne Hören und Sehen ist nicht unmöglich

Eine Stellungnahme von SZB-Mitarbeiter Beat Marchetti, Leiter der Usher- Informationsstelle von SZB und SGB-FSS. Hintergrund ist die aktive Sterbehilfe für zwei belgische Zwillingsbrüder, die am Usher-Syndrom litten. Unfassbar! – Das war meine erste Reaktion, als ich über facebook erfahren habe, dass in Belgien zwei Zwillingsbrüder, die von Geburt an gehörlos waren und mit 45 Jahren die Diagnose „Erblindung“ erhielten, Unterstützung für aktive Sterbehilfe erhielten. Die beiden hatten das Usher-Syndrom, eine Erbkrankheit, die aus einer Hörbehinderung oder Taubheit von Geburt besteht, und die zur Verschlechterung der Sehkraft im Erwachsenenalter – bis möglicherweise zur vollständigen Erblindung – führt. Ja, unfassbar und traurig, weil ich auch unter dem Usher-Syndrom leide – und seit dem 17. Januar 2013 zum zweiten Mal Vater bin. Glücklich, am Leben zu sein, im Gegensatz zu diesen beiden Brüdern. Trotzdem bin ich nicht ganz überrascht von der Nachricht aus Belgien. Als Leiter der Usher-Informationsstelle weiss ich über diese Krankheit gut Bescheid: In der Schweiz leben ca. 300 bis 400 Usher-Betroffene, sowie ca. 10‘000 hörsehbehinderte Personen mit anderen Krankheitsbildern, zum Beispiel einer Hörbehinderung mit Glaukom, Diabetes, Makuladegeneration etc. Meine Arbeit besteht in der Aufklärung der betroffenen Menschen selbst wie auch ihres Umfelds: Angehörige, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Fachpersonen usw. Für vielen Menschen ist ein Leben mit Taubblindheit unvorstellbar. Ein taubblinder Mensch kann nicht einmal hundert Personen ringsherum erkennen. Er denkt, er sei ganz allein, obwohl um ihn herum viel Betrieb herrscht. Als Betroffener kann ich aber sagen, dass mein Leben nicht schlechter ist als andere. Als wichtigste Grundlagen für ein zufriedenes Leben sehe ich die eigene Akzeptanz der Krankheit und soziale Netzwerke. Menschen mit doppelsinniger Behinderung müssen ihren Lebensrhythmus erkennen und akzeptieren. Sie brauchen für alles mehr Zeit. Andere Menschen erkennen eine Person schon von weitem und begrüssen sie. Auf eine taubblinde Person hingegen muss man zugehen, ihre Hand nehmen und ihr per Lautsprache, Lormen oder mit Hilfe taktiler Gebärden sagen, wer man sei. Erst dann ist die Begrüssung möglich. Leider sind viele Menschen Betroffenen gegenüber unsicher, wollen nichts falsch machen und begrüssen sie erst gar nicht. Dann aber sind Betroffene erst richtig allein. Die richtige Unterstützung ist ebenfalls eine wichtige Voraussetzung für die Lebensqualität hörsehbehinderter oder taubblinder Menschen. Dank hörender und sehender Mitmenschen haben sie Zugang zur Welt. Freiwillige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch Kommunikationsassistentinnen und –assistenten, die beim SZB geschult und betreut werden, können diesen Zugang schaffen. Über Kommunikation können sie mit anderen Menschen in Kontakt treten. Auch per Computer können taubblinde und hörsehbehinderte Menschen mittels grosser Schrift oder Braille (Blindenschrift) kommunizieren – wenn man den Willen aufbringt, all dies zu lernen. Dafür gibt es aber gute Rehabilitations- und Schulungsprogramme sowie Fachpersonen, die professionell unterstützen. Die Taubblinden-Beratung des SZB bietet auch Animationsprogramme und veranstaltet verschiedene Anlässe für hörsehbehinderte und taubblinde Menschen. So kommen sie mit anderen Betroffenen in Berührung, wissen, dass sie nicht alleine sind und können ihre Erfahrungen austauschen. Viele lernen auch Vorbilder kennen, an denen sie sich orientieren und dadurch neue Motivation für ihr Leben gewinnen. Nicht zuletzt bieten unsere Beratungsstellen auch Informationen zu diversen Fragen bezüglich der Finanzen, der Wohnsituation, der Arbeitsmöglichkeiten etc. Ein Leben mit wenig oder ohne Hören und Sehen ist nicht unmöglich. Durch Angehörige, Freunde und Kollegen wird es möglich. Doch schlussendlich respektiere ich jede Person für ihre Entscheidung, wie sie leben möchte. Selbstbestimmung ist ein wichtiger Punkt für alle Menschen. Die beiden Brüder von Belgien haben ja entschieden, dass sie die Welt als taubblinde Menschen verlassen möchten. Respekt!

Auch in Deutschland gibt es für Taubblinde und hör-Sehbehinderte geeignete Schulungs- und Rehamaßnahmen. Das Taubblindenwerk mit seinem TBL-Zentrum in Hannover sei hier genannt. Lesen sie dazu das

Interview mit Wolfgang Edinger zu seiner Reha im Taubblindenwerk (TBW) Hannover von Nadja Högner

Nadja: Wie alt bist du?
Wolfgang: 48.

Nadja: Was arbeitest du? Und wie lang zeitlich?
Wolfgang: Ich arbeite als Kaufmännischer Angestellter in der Verwaltung in einer Großwäscherei. Zu meinen Aufgaben gehören Lohn- und Personalwesen, Debitorenbuchhaltung, Rechnungswesen, allgemeiner Schriftverkehr und leider auch Telefonieren. Seit 2007 arbeite ich leider nur noch in Teilzeit.

Nadja: Wie bist du auf das TBW aufmerksam geworden?
Wolfgang: Durch ärztliche Empfehlung (Frau Dr. Richter).

Nadja: Wie kam die Reha im TBW zustande?
Wolfgang: Im Frühjahr 2010 schrieb ich eine Mail an Herrn Jacobs. Er antwortete schnell und lud mich zu einem Gesprächstermin nach Hannover ein. Das habe ich dann auch wahrgenommen. Bei diesem Termin hat mir Herr Jacobs das Haus gezeigt und erklärt, was eine Reha im TBW bringen kann. Daraufhin habe ich entschieden, im TBW eine Reha zu machen. Herr Jacobs stellte dann einen Antrag beim Rentenversicherungsträger, weil dieser für Berufstätige der Kostenträger ist. Ich habe auch den Integrationsfachdienst Heidelberg eingeschaltet, der das befürwortete. Nach der Bewilligung bin ich dann für vier Wochen ins TBW.

Nadja: Wie lange musstest du auf die Reha im TBW warten?
Wolfgang: Das ging schnell, ca. zwei Monate.

Nadja: Was wurde während der vierwöchigen Reha gemacht?
Wolfgang: Einmal gab es die Ausstattung meines Arbeitsplatzes, was ich mit Herrn Jacobs ausführlich besprochen habe. Bei einem Optiker haben wir zusammen verschiedene Hilfsmittel wie Bildschirmlesegerät, Lupen, Brillen, die Lichtverhältnisse etc. getestet. Wir waren auch beim Hörgeräteakustiker und haben Hörgeräte, eine FM-Anlage, Lichtklingelanlagen, Mylink fürs Telefonieren u. v. m. getestet. Wichtig für mich waren das Arbeiten am PC ohne Maus, also nur mit der Tastatur und das Zehn-Finger-Schreiben. Es gab ein Mobilitätstraining am Tag und bei Dunkelheit und ein Training in Lebenspraktischen Fertigkeiten, bei dem ich lernte, wie ich mit meiner Erkrankung besser in einer Küche umgehen kann, z.B. beim Kochen, wohin man das Messer legt (das ganze Besteck kommt auf einen Teller, damit man alles wiederfindet), der Einsatz farblicher Kontraste und Orientierungspunkte am Herd, der Umgang mit einem Messbecher für Blinde etc. Ich habe auch gelernt, wie das Auge funktioniert und was meine Erkrankung bedeutet. Und ich habe Lormen gelernt.

Nadja: Hast du auch die Blindenschrift gelernt?
Wolfgang: Ich habe einige Buchstaben gelernt, um zu erfahren, wie die Blindenschrift aufgebaut ist. Es waren Anfangsversuche. Dafür habe ich aber das Lormen so gut gelernt, dass ich mich mit den anderen Reha-Teilnehmern und Heimbewohnern vom TBW allein über das Lormen unterhalten konnte.

Nadja: Wer war während der Reha wofür zuständig?
Wolfgang: Herr Jacobs war für den PC und Arbeitsplatz, aber auch für das Lormen und verschiedene Schulungen zuständig. Eine Mitarbeiterin hat das Mobilitäts- und LPF-Training gemacht und eine weitere Mitarbeiterin aus dem Wohn¬bereich war für die Freizeitgestaltung zuständig. Es wurden Stadtbum¬mel, Einkäufe, Arztbesuche, Spaziergänge, Radtouren mit einem „Dreirad für Er¬wachsene“, Besuch des Hilfsmittelvertriebes und vieles mehr unternom¬men. Diese Mitarbeiterin hat auch Hilfe im Speisesaal gegeben. Insgesamt waren also drei Mitarbeiter aus dem TBW für mich zuständig.

Nadja: Fanden die einzelnen Trainings als Einzelunterricht oder in der Gruppe statt?
Wolfgang: Es war alles Einzelunterricht. Jeder absolvierte sein individuell zugeschnittenes Programm.

Nadja: Wie viele Reha-Teilnehmer werden im TBW aufgenommen?
Wolfgang: Es werden immer drei bis vier Teilnehmer gleichzeitig aufgenommen.

Nadja: Wie lang ging die Reha jeden Tag?
Wolfgang: Das ging von früh um 8 Uhr bis zwischen 14:30 und 16 Uhr immer von Montag bis Freitag. Dazwischen gab es Mittagessen und um ca. 18 Uhr Abendessen.

Nadja: Was hast du in der Zwischenzeit am Nachmittag und am Wo¬chen¬ende gemacht?
Wolfgang: Es fanden Treffen im Taubblindencafé statt oder ich war zusammen mit den anderen Reha-Teilnehmern in der Stadt, Radfahren, beim Hilfsmittel-Vertrieb in Hannover oder auch auf dem Weihnachtsmarkt. Im Aufenthaltsraum trafen wir Reha-Teilnehmer uns mehrmals täglich zum Kaffee/Tee und zur Unterhaltung. Ein Fernseher stand in diesem Raum auch zur Verfügung, natürlich auch ein Bildschirmlesegerät. Man durfte auch den Fitnessraum benutzen. Einmal war ich auch mit einem Lehrer bei einem Bundesligaspiel im Fußballstadion von Hannover 96.

Nadja: Warst du während der vier Wochen Reha krank geschrieben?
Wolfgang: Ja. Wie bei einem Kuraufenthalt bekommt man für diese Zeit Übergangsgeld vom Rentenversicherungsträger.

Nadja: Hast du während der Reha im TBW gewohnt?
Wolfgang: Ja, ich hatte ein Einbettzimmer mit Bad, Bett, Couch, Schreibtisch, Kühlschrank und Balkon. Also alles, was man braucht, um sich wohl zu fühlen.

Nadja: Wie ging es nach den vier Wochen Reha im TBW weiter?
Wolfgang: Nach den vier Wochen fand ein Termin in meinem Büro vor Ort statt, zu dem Herr Jacobs kam. Anwesend waren auch jeweils eine Mitarbeiterin vom Rentenversicherungsträger, Integrationsfachdienst Hei¬del¬berg, einer Hilfsmittelfirma und zwei Mitarbeiter vom KVJS-Integrationsamt Karlsruhe sowie mein Arbeitgeber und ich. Es fand eine gemeinsame Bespre¬chung statt, bei der Herr Jacobs allen erklärte, was mein Problem ist und dass ich am Arbeitsplatz bestimmte Hilfsmittel brauche.

Nadja: Was hat dein Arbeitgeber gesagt?
Wolfgang: Mein Arbeitgeber unterstützt mich, wo er nur kann.

Nadja: Wer hat die Hilfsmittel beantragt und welche Hilfsmittel wurden dir gewährt?
Wolfgang: Herr Jacobs hat alles beantragt und ich habe alles, was ich brauche, auch genehmigt bekommen: ein Bildschirmlesegerät, Zoomtext, spezielle Beleuchtung (Schreibtischlampen ohne Reflexion und dunk¬le Unterlagen), Hörgeräte, Mylink fürs Telefonieren und eine elek¬tro¬ni¬sche Tischlupe.

Nadja: Wie lang hat es gedauert, bis du die Hilfsmittel bekommen hast?
Wolfgang: Das ging alles sehr schnell. Innerhalb weniger Wochen kam die Kostenzusage vom Rentenversicherungsträger und gleich danach wurden auch schon die verschiedenen Hilfsmitteln geliefert und in Betrieb genommen.

Nadja: Bekommst du eine Betreuung über die vier Wochen Reha hinaus?
Wolfgang: Ja, man kann noch einmal für acht Wochen ins TBW, um zu lernen, die Hilfsmittel, die man für den Arbeitsplatz bekommen hat, richtig einzusetzen. Ich habe dann im November 2011 weitere vier Wochen Reha im TBW gemacht. Die anderen vier Wochen habe ich in ein Mobilitätstraining in meiner gewohnten Umgebung (Arbeitsplatz und am Wohnort) umgewandelt, das auch genehmigt wurde.

Nadja: Was wurde in diesen vier Wochen Reha gemacht?
Wolfgang: Es fand ein intensives Training am PC wie das Arbeiten ohne Maus, Zoom-Text-Schulung und das 10-Finger-Schreiben sowie Lormen, Mobilitäts- und LPF-Training statt. Es war im Prinzip dasselbe wie in den ersten vier Wochen, aber alles viel intensiver, und man hat gelernt, mit den Hilfsmitteln, die man bekommen hat, richtig umzugehen und sie einzusetzen.

Nadja: Fandest du das insgesamt zu viel?
Wolfgang: Nein, überhaupt nicht! Man merkt, dass diese Schulungen und diese intensiven Übungen einen weiterbringen und das Leben und die Arbeit erleichtern. Ich wäre auch gern noch länger als diese insgesamt absolvierten acht Wochen dort geblieben, aber ich brauchte dringend auch ein Mobilitätstraining in meinem Wohnort und meiner Arbeitsstätte. Andere Reha-Teil¬neh¬mer brauchen je nach Stadium der Erkrankung eine viel längere Zeit, ja manch¬¬mal auch Jahre, bis sie das Gefühl haben, dass sie mit der Behin¬de¬rung „Taubblindheit“ allein im Leben zurechtkommen. Im TBW kann ein Taub¬¬blinder einfach alles erlernen, was für ihn wichtig ist. Jeder erhält dort die volle Unterstützung.

Nadja: Hat dir die Reha im TBW geholfen?
Wolfgang: Ja klar und ich würde immer wieder gerne dorthin gehen. Besonders wichtig ist, dass man während der Reha OFFEN ausspricht, welche Probleme man hat und was einem helfen würde, um das Leben mit der Doppelbehinderung zu erleichtern. Nur dann kann dir geholfen werden.

Nadja: Hast du mit Herrn Jacobs noch Kontakt?
Wolfgang: Ja, wir haben auch heute noch Kontakt. Wenn ich Probleme habe oder einen Rat brauche, kann ich ihn jederzeit kontaktieren. Herr Jacobs ist ein ganz toller, liebenswerter und hilfsbereiter Mensch. Ich bin sehr froh, dass ich ihn kennen lernen durfte, genauso wie die anderen Mitarbeiter/innen des Hauses.

Nadja: Was hat dir bei der Reha besonders gefallen?
Wolfgang: Tolle Mitarbeiter, gutes Essen, schönes Zimmer, sehr schöne Umgebung, schöne Stadt, blindengerechte Wege, die Schulungen, einfach alles. Vor allem aber die Ruhe ohne den Alltagsstress! Es war eine schöne Zeit in Hannover. Beeindruckt hat mich auch, dass dort eine blinde Frau ein eigenes Mediencafé betreibt. Ganz toll war auch, dass Herr Jacobs mir ein eigenes Büro mit PC zur Verfügung stellte und dass ich nach meinem Aufenthalt meiner Familie mal etwas Gutes zum Essen kochen konnte (Smile).

Nadja: Gab es etwas, was dir nicht gefallen hat oder was dir fehlte?
Wolfgang: Nein, es fehlte mir an nichts, außer, dass ich etwas Heimweh nach meiner Frau und den Kindern hatte. Na ja, ein Laufband im Fitnessraum und ein paar Fitnessgeräte mehr oder ein Hallenbad wären auch nicht schlecht gewesen. Am besten noch eine Sauna dazu, dann wäre ich komplett glücklich gewesen. Aber ich war ja nicht im Wellness-Urlaub (Smile).

Nadja: Was würdest du anderen Betroffenen raten?
Wolfgang: Sie sollten sich das TBW Hannover mal anschauen und sich vor Ort informieren. Jedem kann geholfen werden und ein Kostenträger findet sich mit Sicherheit auch.

Nadja: Würdest du die Reha im TBW auch für Nichtberufstätige empfehlen?
Wolfgang: Natürlich, jedem wird dort geholfen. Mobilitätstraining oder LPF-Schulungen sind für alle mit dieser Doppelbehinderung wichtig! Dazu lernt man auch noch den Umgang mit dem PC, Zoom-Text oder Bildschirmlesegerät auch oder vor allem für den privaten Gebrauch. Auch die Gespräche mit den langjährigen und erfahrenen Mitarbeitern oder auch den anderen betroffenen Menschen helfen einem weiter. Lormen, Blindenschrift – alles kann für uns nur nützlich sein.

Nadja: Würdest du das TBW empfehlen?
Wolfgang: Ja, auf jeden Fall, ich habe es schon vielen Betroffenen emp¬fohlen und werde es auch immer wieder wärmstens empfehlen.

(Quelle: Usher-Magazin 08/Erfahrungsberichte)

BESSER GEMEINSAM ALS EINSAM - Kontakte sind lebenswichtig

Doch wie bekommt man Kontakte, wenn man eine oder mehrere Behinderungen hat ?
Ich selbst wurde blind geboren und trage nun zusätzlich starke Hörgeräte.
Mit dem Telefon und PC kann ich trotzdem recht gut arbeiten.
Seit Anfang der 90er Jahre bin ich ehrenamtlich sozial tätig.
Nun habe ich mein eigenes Projekt gegründet - das Wohlfühl-Netzwerk.
Projektbeschreibung in Kurzform:
Zum Wohlfühlen - blinder Hörgeräteträger gründet Wohlfühl-Netzwerk, -Treff und -WG.
Das Anmelden, Profilerstellen und Kontakten im Wohlfühl-Netzwerk ist völlig frei von Barrieren wie Kosten. Kontakte sind lebenswichtig! Doch in online Kontakt-Netzwerken Können Behinderte und Andere sehr oft nur teilweise bis gar nicht mitmachen. Im Wohlfühl-Netzwerk kann wirklich jeder mitmachen.
Sie finden hier deshalb gänzlich andere Kontakte.
Jede Anmeldung macht dieses Netzwerk noch interessanter / bunter, auch Ihre.
NEU!!! Der Wohlfühl-Treff.
Dies ist die zweite Stufe des Wohlfühl-Netzwerkes.
Hier wird es ab 2013 Treffs und Angebote in der Realität geben.
Sie erfahren die genaueren Einzelheiten in den Info-Briefen (siehe dazu weiter unten). Lassen Sie sich positiv überraschen.
Leben, wohnen und arbeiten in einer starken, harmonischen Gemeinschaft.
Möglichst unter einem Dach - Hausgemeinschaft. Das ist die Wohlfühl-WG.
Jeder der mag, mit und ohne Behinderung, ist herzlich willkommen - Alter Nebensache.
Motto: BESSER GEMEINSAM ALS EINSAM !
Die Mitmacher / Mitbewohner sollen sich gegenseitig in ihren Stärken ergänzen.
Das Sprachrohr ist der Info-Brief per e-mail.
In diesem Newsletter erfahren alle angemeldeten Mitglieder was es Neus gibt und erhalten auch den "Wohlfühl-Impuls" für etwas mehr "Sonne" im Leben.
Sie erfahren mehr über das gesamte Projekt und seinen Gründer auf der Internetseite http://www.wohlfuehl-netzwerk.de/ .
nocheinmal unser Motto: BESSER GEMEINSAM ALS EINSAM
Kontakt:
Wolfgang Biermanski (geburtsblind und Hörgeräteträger) Schaeferstr. 57 * D-44623 Herne Tel. 0 23 23 / 14 74 539
e-mail: wolfgang@wohlfuehl-netzwerk.de
Internet: http://www.wohlfuehl-netzwerk.de
(aus: Taubblinden-info Newsletter Ausgabe 2/13)

Ninepoint - Mobile - Kommunikation für Taubblinde -

Ninepoint - Mobile - Kommunikation für Taubblinde - Taubblinde können kein Handy nutzen - diese Aussage ist falsch. Mit dem Ninepoint können auch taubblinde Menschen mobil kommunizieren. Der Ninepoint funktioniert in Verbindung mit einem Symbian Handy sowohl aus mobiles Notizgerät als auch als Anzeigegerät für Menschen, die auf die Brailleschrift angewiesen sind. Der Ninepoint braucht keine Kabel, es verbindet sich über bluetooth mit dem Handy. Mit kompakten 97 x 74 x 20 mm ist Ninepoint der handlichste Braille-Notetaker. Mit einem längenverstellbaren Kunststoffband lässt es sich einfach umhängen und ist jederzeit griffbereit. Die Liste der Anwendungen ist denkbar vielfältig. So gut wie alle Funktionen, die mit einem Handy genutzt werden können, sind somit auch für taubblinde Menschen zugänglich. Anwendungsbeispiele: Uhr für Taubblinde: Mit dem Ninepoint können Sie einfach die Uhrzeit über die 8 Braillemodule anzeigen. SMS Kommunikation: Mit dem Ninepoint können Sie einfach über Kurzschrift Kurznachrichten eingeben und verschicken. SMS lesen in Braille: selbstverständlich können Sie auch Texte sprich Kurznachrichten mit dem Ninepoint lesen. Für Fragen steht unser Haus gerne zur Verfügung unter 04503-702222 www.bm-ing.eu

Ihre Sozialberatung informiert zum Thema Hörgeräte

Wie Sie vorgehen sollten und was Sie tun können um ein für Sie optimal passendes Hörgerät zu bekommen
Sehr geehrte Damen,
sehr geehrte Herren,
der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat die Regelungen zu Hörhilfen bzw. Hörgeräten an den aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik sowie an die Versorgungspraxis im Alltag angepasst und bislang existierende Unklarheiten bezüglich des technisch erforderlichen Standards der Hörhilfen ausgeräumt.
Die Richtlinie bestimmt, dass die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) für solche Hörgeräte aufkommt, die nach dem Stand der Medizintechnik Funktionsdefizite des Hörvermögens möglichst weitgehend aus-gleichen, und zwar im Sinne der vollständigen Gleichstellung mit den letztendlich unbegrenzten Möglichkeiten eines Menschen ohne Gehörschädigung bzw. jedwede Höreinschränkungen . In dieser weitgefaßten Definition wird es Höreingeschränkten/hochgradig Schwerhörigen künftig ermöglicht,auch die oft teureren Hörhilfen von den Krankenkassen zu beanspruchen, die bislang meist abgewiesen wurden.
Sie finden dazu im Anhang verschiedene Informationen sowie Musteranträge und Muster-Widerspruch (4 Anlagen).
Gerne dürfen Sie diese Informationen weiterleiten.
Mit freundlichen Grüßen
Marianne Strieker
Sozialberaterin
- für Senioren
- behinderte Menschen
- für sehbehinderte und blinde Menschen
- Zertif. DBSV/II 2010

Farberkennungsgerät auch für Taubblinde

Colortester, damit das Outfit stimmt - auch für Taubblinde
Farberkennungsgeräte können Ihnen in Sekundenschnelle nach dem ... Geräte angeschlossen werden und ist somit auch für Taubblinde einsetzbar!
Informieren Sie sich bei den Hilfsmittelvertrieben (www.marland.de , www.sehhelfer.de u.a.m.))

Taktile Vibrations-Taschenuhr

Die Taktile Vibrations-Taschenuhr gibt die Uhrzeit auf Knopfdruck mit Vibrationen aus. Es gibt einen Knopf für Stunden, einen für 10 Minuten und einen für Minuten. Die gesamte Uhrzeit erfährt man, wenn man nacheinander die drei Knöpfe drückt:
Beispiel 8.49 Uhr:
− Stundenknopf: 1 lange Vibration (= 5 Stunden) + 3 kurze Vibrationen = 8 Uhr
− 10-Minuten-Knopf: 4 kurze Vibrationen = 40 Minuten
− Minuten-Knopf: 1 lange Vibration (= 5 Minuten) + 4 kurze Vibrationen = 9 Minuten
− zusammen: 8:49 Uhr

Die Uhr ist gut für Leute, die sprechende Uhren nicht hören können und die Tastuhren nicht gut ertasten können.
Bei Alexandravision 107 € plus Versand: www.alexandravision.com
Beim Marland-Versand 149,90 €: www.marland.eu/produkte/c/uhren/p/

Bewegende Kommentare zu einem Videofilm …

Ich bin gehörloser Brasilianer. Ich beobachtete Interview und Informationen von Taubblinden und ich bewundere Sie: Umarmung!
MrAntonioabreu07 aus Brasilien Das ist absolut interessant und ich bin dankbar für den Bericht. Ich klatsche und jubel mit Stolz über das Interview von Coco mit Franz und seiner entzückenden Frau! Interpretation mit Lorm - davor ziehe ich den Hut! Ich würde mich auch gerne bei Ihnen bedanken, Coco.
Gagan Arora aus Indien
Wow, ich bin erstaunt zu sehen, wie Franz die Farm bewirtschaftet. Ich grüße ihn für sein furchtloses Umgehen!
Jim Lomanto aus den USA
Danke für das Teilen dieser unglaublichen Geschichte über Franz .. Ich hatte Tränen am Ende, als Sie das Pferd streicheln .. es ist unglaublich das alles blind / taub tun zu können! Pferdehof und Bauernhof sind keine einfache Aufgabe. Aber Tiere wissen, wer du bist, egal, sie lieben Dich .. Danke ..
Annie Meier aus den USA
Fantastisch! Und erstaunlich, wie Franz und seine Frau sich mit lormen verständigen. Ich habe noch nie das Tippen von Fingerspitzen in Lorm Methode gesehen. Es ist interessant, dass es anders ist als dasTippen von Fingerspitzen in der Welt. Franz ist stark, um sein neues Leben als blinder Mensch nach 25 Jahren zu akzeptieren. Vielen Dank für Ihre Sensibilität gegenüber!
TheStralie aus Schweden
Fantastisch, ich bin sicher, dass meine asl (Amerikanische Zeichensprache) wird immer besser :) Ich habe noch nie lormen so interessant gesehen. Ich danke Ihnen für einen kleinen Einblick in das Leben von Franz und seiner Frau: taktile Liebe. Viel Liebe aus dem Vereinigten Königreich!
vickyjroberts aus Großbritannien
Wow! Es ist so erstaunlich, das Tippen von Fingerspitzen mit seiner Frau in der Lorm Methode zu sehen! Hat sehr viel wie zu tun mit der Rochester Methode mit wenig "asl" (Amerikanische Zeichensprache) Das ist ... so cool!
ASLFuel aus Seattle, USA
Neugierig geworden? Dann schauen Sie doch mal im Internet in die seite www.youtube.com
Ich selbst bin davon so gerührt, daß ich Ihnen diesen Beitrag nicht vorenthaltenwollte. In eindeutiger Weise wird den Nichtbetroffenen vorgeführt, dass ein Taubblinder Mensch durchaus in der Lage ist, sein schicksal zu meistern. Auf der anderen Seite dürfte der Film ganz sicherlich zum Abbau der Barriere zwischen den Taubblinden und nichtbetroffenen Menschen beitragen. Menschen mit Behinderungen , ganz gleich welcher Art, haben heutzutage mehr denn jeh auch ein Recht auf die Teilhabe im gesellschaftlichen Leben.
Franz Pirker hat mir diese freundlicherweise zur Verfügung gestellt..

Ein interessanter Film

Der Schweizerische Zentralverband für das Blindenwesen (SZB) hat einen Film gedreht. Er ist sehr interessant. Drei Betroffene erzählen aus ihrem Leben mit Taubblindheit/ Hörsehbehinderung. Alles wird in Gebärdensprache/ Lautsprache übersetzt. Diesen Film können Blinde und hochgradig Sehbehinderter sehr gutmittels Screenreader mitverfolgen.. Hier ist der Link: http://www.szb.ch/de/angebot/taubblindheit/deafblind-time.html

Mit TABLI kommunizieren …

Taubblinde Menschen müssen nicht vollkommen isoliertleben. Da viele Menschen nicht lormen (Tastalphabet nach Lorm) oder gebärden können, hat sich die Hilfsmittelbranmche etwas einfallen lassen . Man entwickelte ein Kommunikationsgerät, das dem Taubblinden ermöglicht, sich mit einem Gesprächspartner zu unterhalten. Voraussetzung ist natürlich die Beherrschung der Brailleschrift (auch Blinden- oder Punktschrift genannt). Das Gerät besteht aus drei Teilen: - Die Braille-Wave. Das ist eine Braille-Zeile mit einer Braille-Eingabe-Tastatur - das eigentliche Tabli, bestehend aus einer kleinen Tastatur wie bei einem Laptop und einem kleinenMonitor (Display). Somit kann der Sehendesich mit dem Taubblinden verständigen. Die Braille-Wave kann man als Braille-Zeile für den Computer benutzen. Mit der Braille-Eingabe-Tastatur kann man den Computer auch bedienen und schreiben, ähnlich wie mit einer normalen Computer-Tastatur. Diese werden mit der Braille-Wave verbunden (Kabel oder Funk). Die Braille-Wave ist ein Notizgerät. Damit kann man auch Texte und Briefe schreiben und abspeichern. Diese Dateien lassen sich dann auf einen Computer übertragen. Umgekehrt lassen sich aber auch Dateien vom Computer auf die Braille-Wave transferierenund dann auf Braille-Zeile auf der Braille-Wave lesen. Überdies lassen sich diese Dateien hierin weiter bearbeiten. Man kann einen auf dem PC angefangenen und gespeicherten Briefauf die Braille-Wave übertragen und dann unterwegs, vielleicht auf einer Bahnfahrt weiterschreiben. Natürlich kann dieser vollendete Text im Braille-Wave abgespeichert werden. Überdies lassen sich auch große Dateien auf die Braille-Wave laden und können unterwegs im Zug etc. gelesen werden. Tabli stellt für den Taubblinden auch bei Behördengängen, Arzt-, Rechtsanwaltsbesuchen etc. eine wertvolle Hilfe dar.So kann also eine Kommunikation zwischen einem taubblinden und einem sehenden Menschen ohne Dolmetscher stattfinden. Das ganze Gespräch kann dann auf der Braille-Wave gespeichert werden. Der taubblinde Mensch kann dann zu Hause das Gespräch noch einmal in Ruhe auf der Braille-Zeile nachlesen. Wenden Sie sich bei Fragen hierzu direkt an Herrn Jacobs,, Leiter des Reha-Bereichs im Dt. Taubblindenwerk in Hannover. Tel.: 0511/ 51 00 8- (Zentrale) 0 E-mail: k.jacobs@taubblindenwerk.de Bezugsquelle: Handytech Elektonik GMbH, www.handytech.de Ein weiteres Kommunikationsgerät dieser Art ist das Tabkom. Nähere Information erfahren Sie unter www.rohrmueller-computer.de ( Reha-Technik, Telekommunikation, Beratung, Schulung für Blinde) In neuen Räumen erhalten taubblinde Kinder optimale Lernbedingungen Isolation ist für Taubblinde das Schlimmste Von Pat Christ Würzburg. Als Harmit mit elf Jahren in das Würzburger Blindeninstitut kam, konnte sie sich kaum mit anderen Menschen unterhalten. Sie konnte nicht lesen, schreiben oder rechnen. Heute beherrscht die Jugendliche, die vollständig taub und blind ist, die Gebärdensprache aus dem Effeff. Der Umgang mit der Brailleschreibmaschine bereitet ihr keine Probleme. Noch sechs Jahre wird die heute 17-Jährige im Blindeninstitut lernen. Ab nächstem Schuljahr unter deutlich besseren Bedingungen. 28 taubblinde Kinder und Jugendliche aus Nordbayern, Hessen und Baden-Württemberg werden derzeit im Blindeninstitut gefördert. Vor mehr als 30 Jahren begann die Abteilung für Taubblinde mit ihrer Arbeit. Heute ist das "Blindi" nach Hannover und Potsdam die deutschlandweit drittgrößte Einrichtung für junge Menschen, die taub, blind und häufig auch körperlich und geistig behindert zur Welt kamen. Vier Jahre ist das jüngste Kind als, das momentan gefördert wird, der älteste Schüler ist 21. Leitsysteme, Handläufe und unterschiedlich strukturierte Böden helfen den Taubblinden, in ihrem Alltag klarzukommen. Ziel ist ein möglichst eigenständiges Leben durch taktile Hilfsmittel. Die 30 Jahre alten Räume, in denen die Kinder und Jugendlichen bis vor kurzem von zehn Lehrkräften unterrichtet wurden, ermöglichten keine optimale Förderung mehr. Das Blindeninstitut entschloss sich deshalb zu einer Generalsanierung. Vier Millionen Euro wird es kosten, die Abteilung für Taubblinde umzubauen, zu erweitern und neu einzurichten. "Die Lebensqualität der Kinder und Jugendlichen wird sich dadurch deutlich verbessern", hebt Abteilungsleiterin Jutta Wiese hervor. So werden Harmit und ihre Mitschüler nach dem Umzug erstmals ein eigenes Musikzimmer haben. Musik für Menschen, die nichts hören können? "Wir haben viele Instrumente, durch die sie die Musik per Vibration erspüren", erklärt Wiese. Auch wenn die Kinder und Jugendlichen dadurch nicht den vollen Musikgenuss erhalten: Für sie ist es wichtig, möglichst viele sinnliche Reize jenseits von Sehen und Hören zu bekommen. Wiese: "Das schlimmste für Menschen, die taub und blind sind, ist die Isolation." Wird die zu groß, kommen zur Sinnesbehinderung schnell seelische Krankheiten. Kommunikation ist darum das A und O in der Taubblindenarbeit. "Wie ist dein Name?", fragt Harmit, die heute von einer ihr noch fremden Mitarbeiterin des Blindeninstituts Besuch bekommen hat, mit ihren Händen. In einer unglaublichen Geschwindigkeit "wirft" sie mit Gebärden um sich, gern erzählt sie von sich. Und gern erfährt sie mehr von anderen. Kommunizieren ist für Harmit sichtlich eine Quelle des Glücks. So strahlt sie, wenn sie von ihren Lernfortschritten erzählt. Oder an der Schreibmaschine demonstriert, wie gut sie inzwischen Briefe verfassen kann. Jeden Tag bekommt Harmit neue Aufgaben von ihren Lehrern gestellt. Wiese: "Wir hatten in den vergangenen 30 Jahren noch keine Schülerin, die solche Fortschritte gemacht hat." An den Fluren des Hauses, in dem Harmit und die anderen Kinder bis zum Neubezug des Taubblindenhauses im August dieses Jahres untergebracht sind, hängen Objektkästen, in denen sich ihr täglicher "Stundenplan" befindet. Eine Pferdebürste steht für Reitunterricht, ein Kringel für Unterricht im größeren Kreis, ein hölzernes Hämmerchen für praktisches Arbeiten. Die Objektkästen sind derzeit mitten an der Wand angebracht. Keine optimale Lösung, so Wiese: "Leicht stoßen die Kinder mit dem Kopf dagegen." Auch dies wird im neuen Haus verbessert. Dann sind die zur Orientierung der Schüler so wichtigen Kästen elegant in der Wand versenkt. Ein Freundschaftsweg aus Platten mit Handabdrücken von Spendern wird ab Frühjahr vom Eingang des Blindeninstituts zum Taubblindenhaus führen. Mehrere Platten existieren bereits, weitere sollen gestaltet werden - denn die Einrichtung braucht noch Geld für die Generalsanierung. Mehr als eine Million Euro müssen an Eigenmitteln zugeschossen werden. Ein Viertel dieser Summe ist noch offen. Fränkische Nachrichten (Quelle: Taubenschlag v. 22. Februar 2011)

Begleiter auf vier Pfoten

Für einen Tag beim Freizeitseminar des DBSV für Hör- Sehbehinderte im AURA Hotel Saulgrub hatte der Referent des BBSB Herr Bleymaier seinen Referentenkollegen für Führhundhalter Herrn Böhm eingeladen. Beide wollten den Seminarteilnehmern die Möglichkeit bieten, mal das Gehen mit einem Blindenführhund auszuprobieren. Gut, dass Herr Böhm neben seinem Blindenführhund Django auch noch Verstärkung mitgebracht hat. Herr Grünbeck war mit Sam angereist. Alle Verantwortlichen staunten nicht schlecht, als sich nach dem Informationsabend, bei welchem das Angebot in aller Ruhe vorgestellt wurde, 14 Interessenten meldeten. Am nächsten Morgen hatten Sam, Labrador von Jörg Grünbeck und Django, Labrador-Goldenred-Mix von Robert Böhm ihren großen Tag. Jeweils ein Interessent bekam den Führbügel in die linke Hand und wurde nahe an den Blindenführhund herangeführt. Der Hundehalter stand unmittelbar hinter dem Gespann. Dann rief der Hundehalter das Hörzeichen: "Voran"! Und setzte sich in Bewegung. Für den Blindenführhund ist es das eindeutige Zeichen zum Start und der Weg konnte beginnen. Es war ein einfacher Weg ausgesucht, der vom Eingang des Aura-Hotels nach rechts in Richtung Alte Römerstraße führte. Mit zweimal rechts und einmal links kam das Gespann dann wieder an den Ausgangspunkt zurück. Die Strecke war in einer Zeit zwischen 10 Minuten für die Schnelleren und 15 Minuten für die etwas Langsameren gut gewählt. Ein richtiges Mobilitäts- und Bewegungserlebnis! Erstaunlich und gleichzeitig beeindruckend war, wie schnell sich die Hunde auf die verschiedenen Menschen einstellten und ihr eigenes Tempo anpassten. Die Begeisterung über die Möglichkeit der Mobilität war allen Teilnehmern ins Gesicht geschrieben! Wir werden das, so Peter Bleymaier und Robert Böhm einmütig, nun regelmäßig anbieten um Hör- Sehbehinderten bzw. taubblinden Menschen diese Form der Mobilität vorzustellen. (Quelle:bbsb-inform vom 26.Oktober 2010)

Sie möchten mehr wissen über das Usher-Syndrom?

Dann bietet sich eine Anschaffung des Buches „Das Usher-Syndrom eine erworbene Hör-Sehbehinderung“ an. http://www.reinhardt-verlag.de/de/katalog/Horsch_Das_Usher-Syndrom_eine_erworbene_Hoersehbehinderung/978-3-497-02329-5/ Ebenso ist ein Besuch der Seite http://www.leben-mit-Usher-Syndrom.de lohnenswert.